freaktuner schrieb:
Wie lange hast du den Ioniq nun Egon?
Zwei Tage. Ich habe ihn heute Morgen zurück gegeben. Heute Abend hätte auch gereicht, aber ich bin leider freizeittechnisch etwas knapp und habe heute keine Zeit mehr, ihn nennenswert zu fahren.
(Bei der Gelegenheit: In den nächsten Tagen stehen wieder 2500 Kilometer Autobahn mit anderem PKW auf dem Programm. Ich habe die ganze Zeit Passagiere an Bord und daher voraussichtlich nur wenig Gelegenheit, mich um das Forum zu kümmern.)
weinfux schrieb:
...ja und was ist mit dem Tesla?
Der macht mir viel Freude. Nachdem Tesla beachtlichen Aufwand getrieben und reichlich teure Neuteile verbaut hat, ist er jetzt endlich so, wie er von Anfang an hätte sein sollen - jedenfalls bis zur nächsten Überraschung. Noch dazu ist er für so ein überschweres PS-Monster überraschend genügsam.
Genau das ist vor allem die Paradedisziplin des Hyundai Ioniq Electric. Nach 450 bunten Alltagskilometern standen bei Abgabe 10,8 kWh/100 km auf dem Display, und es waren durchaus flott gefahrene Autobahnabschnitte mit dabei. Das ist ein exzellenter Wert!
haribo schrieb:
Hallo Egon, wie war denn die Durchschnittsgeschwindigkeit?
Hm. Ich schätze, von den 450 Kilometern waren mehr als 350 mit Tacho 100 bis 110 auf der Autobahn. Dazu insgesamt vielleicht 30 km mit höheren Geschwindigkeiten, auch mal Tacho 160 zum Ausprobieren. Zwischendurch aber immer wieder etwas Großstadtverkehr, einige kleinere und ein größerer Stau. Das dürfte den Gesamtschnitt deutlich gesenkt haben.
freaktuner schrieb:
freue ich mich über deine Berichterstattung
Fein. Dann fasse ich das er-fahrene gerne zusammen:
Schwächen? Nur Kleinkram. Eine Schalterbank in Höhe des linken Knies, die vom Lenkradkranz verdeckt wird. Das schlüssellose Zugangssystem, das wenig durchdacht ist und mit dem man keine Fenster oder das Glasdach öffnen/schließen kann. Handschuhfach, Schalter im Dachhimmel und Spiegelverstellung sind nicht beleuchtet, alles andere aber schon. Blaues Nachtdesign - brrr, eine Unsitte, fast jede andere Farbe ist angenehmer und andersfarbige Beschriftungen besser lesbar. Die pixelige Rückfahrkamera mit dem hohem Bildrauschen. Das Audio-System sortiert die MP3-Dateien auf dem USB-Stick in eigenwilliger Reihenfolge. Die Ablagen in den Türen verdauen keine 1,5-Liter-Flaschen. Schlecht genutzter Motorraum, keine zusätzlicher Stauraum dort. Kein Heckwischer.
Vielleicht die größte Alltagsschwäche ist der impotente einphasige Schnarchlader. Den kann man vielleicht über Nacht nutzen, ist aber ansonsten auf CCS-Ladepunkte angewiesen.
Die nutzbaren 28 Kilowattstunden mögen vielen als zu wenig erscheinen und im Vergleich zu den Ankündigungen von den vielen vielen E-Autos, die da alle noch so kommen sollen
, ist das tatsächlich nicht üppig. Aber der Ioniq überzeugt mit der sehr guten Reichweite, die er mit seinem kleinen Akku realisiert. Ein BMW i3 mit etwas größerem Akku bietet weniger.
Nach einer Schnellladung mit 50 kW sprang der stufenlos geregelte Batterielüfter an. Mehr Temperierung des Akkus gibt es nicht, was aber bislang offenbar nicht zu Probleme geführt hat. Auch nach 100 tkm ist bei den wenigen Autos, die das schon erreicht haben, der SOH (State of Health) der Traktionsbatterie bei um 95 Prozent.
Schwach ist, dass man den Innenraum zwar vorprogrammiert heizen-/kühlen kann, aber nur, während das Auto am Ladegerät hängt. Und es gibt in Europa für dieses Modell keine Fernsteuer-App (angeblich in Vorbereitung), auf allen anderen Kontinenten aber schon.
Um darüber hinaus noch etwas zu finden, müsste ich jetzt schon arg an meinen Fingern saugen. Das Auto leistet sich unter dem Strich keine echten Schwächen, ich finde es rundum gelungen.
Besonders positiv aufgefallen sind mir Antrieb und Fahrwerk (flott, sparsam, ausgewogen). Das LED-Abblendlicht ist erste Sahne, gleichmäßig und sehr hell. Krasser Kontrast: Das gelbliche und schwache Halogen-Fernlicht. Kein Abbiegelicht.
Der Fahrspurassistent bildet zusammen mit dem Radar-Tempomanten eine sehr nützliche Unterstützung im Alltag. Während der Radar-Tempomat prima funktioniert, erkennt der Fahrspurassistent zu oft Fahrbahnbegrenzungen nicht. Er zeigt das dann auch an, schaltet sich vorübergehend ab und automatisch wieder ein, sobald er die Straßenränder wieder eindeutig erkennt. VW kann das besser, aber mehr als das von Toyota verbaute System bietet das im Hyundai allemal.
Die mittelgrauen Sitze sind angenehm knackig gepolstert und verfügen über eine mehrstufige Sitzlüftung (!) plus eine ebensolche Sitzheizung - auch hinten! Ihre orangefarbenen Nähte harmonieren mit dem sparsam eingesetzten kupferfarbenen Innenraum-Applikation. Das verbaute Soundsystem Marke "Infinity" ist potent und druckvoll; man würde es in einem Fahrzeug dieser Preisklasse nicht erwarten.
Ich verstehe nun die Beliebtheit des Ioniq Electric. Das ist einfach ein stimmiges Wohlfühl-Auto. Nicht zu fett, aber mit reichlich Platz. Nicht übermotorisiert, aber agil. Nicht zu weich, aber präzise und wendig. Nicht zu teuer, aber gut ausgestattet.
14 Monate Lieferzeit (offiziell sind es 12) sind allerdings ein schlechtes Kaufargument. Das ist auch den deutschen Vertragshändlern bewusst.
Grüße, Egon