Priusfreunde.de

Guten Abend liebes Forum,

ich habe mir vor ein paar Monaten die Mühe gemacht, mit LibreOffice Calc (eine freie Alternative zu MS Excel) eine Tabellensammlung zu erstellen. In dieser sind die mir bekannten Effizienzangaben zu einzelnen Komponenten des Prius3-Antriebs und verschiedene Betrachtungen zu deren Zusammenspiel enthalten. Es ging mir nicht darum, eine exakte Simulation zu schaffen, sondern vielmehr die Zusammenhänge zu verstehen, wann warum etwas effizient ist oder nicht. Hier nun die für mich interessantensten Ergebnisse in den nächsten Beiträgen (die Tabellen-Datei steht hier auch zum Downolad):

Der Verbrennungsmotor
(Quelle: Muscheldiagramm)



- schöner, näherungsweise linearer Leistungsverlauf über der Drehzahl mit einem Versatz zwischen 3600 und 4000 U/min. In diesem Bereich steigt auch das Drehmoment stark an und die Effizienz fällt rapide. Meine Vermutung ist, dass die Motorsteuerung hier zu einem höheren Füllgrad übergeht (Ventile beim Ansaugen früher schließt) als bei niedrigeren Drehzahlen.
- die Effizienz liegt zwischen ca. 10kW bzw. 1200U/min und 35kW bzw. 3300U/min nur maximal 1% unter ihrem Bestwert. Das ist ein recht weiter Bereich und deckt bei ebener Konstantfahrt nur innerorts und schnelles Tempo jenseits der Richtgeschwindigkeit nicht ab. Für den ersten Fall ist allgemein bekannt, dass der Prius die Ineffizenz des Verbrenners durch elektrisches Gleiten kaschiert. Dass auch der zweite Fall im Gesamtpaket von der Effizienz nur wenig abfällt, werden wir an späterer Stelle noch sehen.

Das Gespann MG2+Inverter
(Quelle: Prius3 Report Oak Ridge National Laboratory)



- hohe Effizienz in einem weiten Bereich, die Richtung sehr hoher Geschwindigkeit, bei geringer Last und an der Drehmomentgrenze abfällt.
- das Rekuperieren lässt sich an diesem Diagramm nur zur Hälfte beurteilen, da die Verluste in der Batterie fehlen. Diese steigen mit der Leistung immer stärker an, so dass sie ab einer gewissen Leistung über den Verlusten in MG2 und dessen Inverter liegen werden. Also wenn Rekuperieren, dann besser gleich mit ein paar kW, aber möglichst nicht unnötig mehr (und dafür kürzer).

Das Gespann MG1+Inverter
(Quelle: proprius Daten zum MG1 des P2)

- MG1 kann bei einem bestimmten Drehzahlverhältnis bei jeder Fahrzeuggeschwindigkeit größer ca. 45km/h stehen bleiben. Er muss dabei trotzdem Leistung umsetzten, um dem Verbrenner ein Gegenmoment aufzubringen. Diese Leistung lässt sich nicht ohne Singularität zur Drehzahl von MG1 in Bezug setzen. Zur Bestimmung der dann auftretenden Verluste in MG1 setze ich fiktiv für alle MG1 Drehzahlen < 600U/min eine MG1 Leistung entsprechend MG1 Drehzahl 600U/min an. Die MG1 Leistung bei 600U/min ist noch vom Verbrennermoment oder entsprechend der Verbrennerleistung abhängig und lässt sich recht einfach (kubisch) interpolieren, siehe Schaubild.

Das PSD, Enduntersetzung und Räder
(Quelle: div.)





- nach den bekannten Gesetzmäßigkeiten lässt sich nun für jede Fahrgeschwindigkeit und Verbrennerleistung die auf der Straße ankommende Leistung und entsprechend die Gesamteffizienz berechnen.
- der Herethical-Mode (MG1 dreht rückwärts) ist bei gleichen absoluten Drehzahlen notwendigerweise nicht so effizient wie der normale Modus (MG1 dreht vorwärts), da hierbei ein größerer Anteil der Verbrennerleistung über den elektrischen Pfad wandert. Dies erkennt man leicht, wenn man sich das zu jedem Zeitpunkt notwendige Momentengleichgewicht im PSD ansieht, d.h. MG1 muss immer den gleichen Anteil am Verbrennermoment aufbringen (27,8%). Wenn MG1 vorwärts dreht, so ergibt sich daraus kombiniert mit der MG1-Drehzahl eine generatorische Leistung, die über den elektrischen Pfad wandert und bei MG2 wieder in ein zusätzliches Drehmoment Richtung Räder umgesetzt wird. Wenn MG1 rückwärts dreht, so muss er den nötigen Anteil am Verbrennermoment motorisch erbringen aus einer den Wandlungsverlusten entsprechend größeren Menge elektrischer Leistung, die MG2 nach dem PSD abzweigt und die dann über den elektrischen Pfad zu MG1 wandert, um von dort durch das PSD Richtung Räder zu gehen. Es wird also anteilig mehr Verbrennerleistung über mehr verlustbehaftete Schritte geschoben.

Sehr interessant. Ich steig zwar streckenweise aus, aber das Thema finde ich spannend.
Thx
W.

Einfache Kenngrößen für effizenten Vortrieb



- bei Geschwindigkeiten größer echten 45km/h bis hin zu 150km/ liegt der Momentanverbrauch im Effizienzoptimum immer bei ca. 6l/100km (max -1%/+5%), zwischen 50 und 100km/h sehr genau, davor und danach etwas höher bei 6,2-6,3l/100km. Diese Werte hatte ich hier schon einmal zum Auris II TS gelesen, ich kann sie nun mit meinen Rechnungen für den Prius 3 bestätigen.
- zwischen 60 und 130km/h sind auch ca. 5l/100km noch im Bereich bis 5% unter der optimalen Effizienz, ebenso alles bis gut 10l/100km.
- über 150km/h kommt man mit dem Prius 3 unter Wahrung optimaler Effizienz nur bergab. Wenn er schlecht rollt oder bei kaltem und/oder Regenwetter, ist das Limit entsprechend niedriger. Wenn alles zusammenkommt (etwas erhöhter Rollwiderstand und -10°C, aber noch trocken) liegt die Grenze schon um 120km/h und der entsprechende Verbrauch eben bei gut 6l/100km statt ca. 5l/100km bei trockenen 10°C und geringem Rollwiderstand!
- (ohne Schaubild) auch bei konstant 180km/h in der Ebene bei Windstille liegt die Gesamteffizienz noch deutlich über 33%, selbst bei (Verbrenner-)vollgas liegt die Effizienz dann immer noch klar über 30%. Unter die 30% kommt man nur durch Nutzung des elektrischen Boost aus der Batterie (und evtl. bei dauerhafter Kriechfahrt <30km/h).

So viel erst einmal, ich hoffe, der Berg an Informationen ist für den Einen oder Anderen verständlich und ich freue mich über alle Anmerkungen und Ergänzungen!

Grüße
Philipp

Jetzt fehlt mir der "gefällt mir" Knopf, aber so was von

Ich bin begeistert, sieht alles recht plausibel aus. Zu den 6 l bei optimalem Wirkungsgrad: Beim P2 kam ich auf ca. 7,5 l, von daher auch im plausiblen Bereich. Läßt sich mit einem CAN-Scanner aber auch recht leicht prüfen: Einfach bei verschiedenen Geschwindigkeiten schauen wie der Momentanverbrauch bei MG1-Drehzahl nahe Null (also Absolutwert < 600/min) ist.

Ich habe auch mit Calc angefangen und dann mit Octave weitergemacht. Heute würde ich vielleicht Numpy nehmen. Falls Du mein Octave-Script für den P3 umschreiben möchtets: Sehr gerne.

Eins muss ich leider noch sagen: In der Praxis konnte ich das bisher nicht bestätigen. Insbesondere beim Muscheldiagramm frage ich mich manchmal wie genau das die Realität abbildet. Aber lass dich davon nicht entmutigen, die Zusammenhänge zu verstehen ist schon mal sehr viel wert.

Tolle Arbeit, danke.

Ich stieg zwar auch streckenweise aus, aber ich werde es mir sicher noch einmal bei weniger als 30°C durchlesen. Und hoffentlich kann ich einige weitere "?"-Puzzleteile dann einordnen.

Gruß alupo

@proprius: Danke, schön, dass es dir gefällt!

Das die Praxis mit der Theorie nicht so ganz übereinstimmt, sehe ich auch so. Insbesondere die Kaltstart- und Warmlaufphase verschiebt mMn die Verhältnisse deutlich. Da es ja nach alupo 5-10km (bzw. ca. 7km im speziellen Fall) dauert, bis diese abgeschlossen ist, entfällt zumindest bei unserem Prius ein guter Teil der Betriebszeit darauf und ist damit nicht in den Rechnungen abgebildet.
Wenn der Prius jedoch warm ist, scheinen meine Werte ganz gut hinzukommen. Zumindest der Fahrstil, den ich daraus ableite, erfüllt dann bisher meine Erwartungen in Sachen Verbrauch.
Vorher musste ich jedoch die Bremsen gangbar machen, weil die Werkstatt beim Belägewechsel die Kolben wohl nur um das Nötigste zurückgedreht hatte, bis sich eben die Zange gerade so drauf quetschen ließ.

Grüße
Philipp

P_Arthur schrieb:
(die Tabellen-Datei steht hier auch zum Downolad - edit:zumindest sobald ich den Upload geschafft habe, das will bisher noch nicht klappen):
Zulässig sind Dateien in den Formaten zip,txt,doc,docx,pdf,pps,xls,xlsx bis zu einer Größe von 2 MB.

Bitte melden, falls Deine Datei nicht diesen Vorgaben entspricht.

Grüße, Egon

die Datei ist im .ods Format, einem offenen Alternativstandard zu MS Excel Formaten. Damit entspricht sie also nicht den Vorgaben. Aber sie zu zippen soll nicht das Problem sein

.ODS und .ODT haben wir mit Absicht nicht freigegeben, weil viele ältere Office-Varianten diese Formate nicht einlesen können. Hingegen kann Open Office (und dessen Abkömmlinge) als .XLS oder .DOC sowohl speichern als auch lesen. Deshalb ist es einfach massen-kompatibler, sich darauf zu beschränken.

Grüße, Egon