Für alle, die es interessiert - das werden hier im Forum so viele vermutlich nicht sein - ein paar Erkenntnisse und Erfahrungen
nach einem Jahr RX 400h, Baujahr 2008, und zwar insbesondere im Vergleich zu den Hybrid-Antrieben seiner kleineren Brüder.
Der RXh ist auf Komfort getrimmt, nicht auf Sparsamkeit (wie der Prius), aber auch nicht auf Power (wie der GSh). Er wiegt leer rund 2,1 Tonnen, hat einen beschissenen CW-Wert und als Reifen riesige breite und schwere Gummiwalzen auf noch schwereren Felgen, die man nur mit Mühe alleine hochheben kann.
Das Auto basiert wie sein nicht-hybrider Zwilling RX 350 auf dem Toyota Harrier. Der gleiche Hybrid-Antrieb findet auch im Toyota Highlander Verwendung. Weder der Harrier noch der Highlander sind in Europa erhältlich.
So sehen RX 350, RX 400h und Toyota Harrier aus:
Mein eigener RX sieht so aus, denn bei mir muss grundsätzlich alles farbig sein, auch meine Autos:
Das Hybridsystem des 400ers mit einem weiteren zusätzlichen E-Motor an der Hinterachse - ich nenne das einen
simulierten Allradantrieb
- ist mit dem letzten verbauten Otto-Motor der legendären MZ-Baureihe von Toyota aus dem Jahr 1994 kombiniert. Die kennt man zum Beispiel aus dem Camry, Avalon, Sienna, der Lexus ES-Reihe und vielen anderen Toyota-Modellen. Millionenfach gebaut und bewährt, aber eben ein Otto, kein Atkinson. Immerhin ist es die letzte gebaute Generation, ein 3MZ-FE, entwickelt im Jahr 2003 und mit VVT-i.
Für den Einsatz im 400er Hybrid-RX wird dieser Verbrenner leistungsmäßig leicht gedrosselt, und zwar auf 211 PS. Die vordere E-Maschine leistet 167 PS, die hintere 68; die Systemleistung liegt bei 272 PS. Trotz des abartigen Fahrzeuggewichts und der beachtlichen ungefederten Massen ist das eigentlich eher überdimensioniert.
Bei meiner Fahrweise brummelt der Verbrenner meist ziemlich gelangweilt und niedertourig vor sich hin, nur beim Überholen wird er ein bisschen gefordert. In den Mittelgebirgen hört man eigentlich nur an den Steigungen den Motor ein bisschen; die Kiste ist ziemlich gut gedämmt. Kein Wunder - auf 100 Kilo mehr oder weniger ist es den Konstrukteuren erkennbar nicht angekommen.
Es ist möglich, den Wagen im Schnitt mit unter 8 Liter zu bewegen - das muss man aber wollen. Eigentlich ein guter Wert für einen derart schweren und großen SUV, aber der Sommer-Winter-Unterschied ist beim verbauten Hybrid-System auffällig: Im Sommer schafft man Verbräuche knapp über 7 Liter, bei großer Kälte bringt man ihn aber manchmal nur schwer unter 10.
Das "alte" Hybrid-System schont die Traktionsbatterie viel stärker, als man das von den kleineren Hybriden gewohnt ist. Wenn sich die Batterie nicht im idealen Temperaturbereich befindet, werden die Lade-/Entladeströme knallhart bis gegen Null begrenzt, und dann geht der Verbrauch stark nach oben. Hinzu kommt, dass der in diesem Sinne als "ideal" zu betrachtende Temperaturbereich offenbar etwas kleiner ist als der, den man beispielsweise vom Prius gewohnt ist.
Wer ständig die gebotenen Fahrleistungen nutzt sowie Geschwindigkeiten oberhalb 150 km/h anpeilt, kann mühelos Schnitte weit über 10 Litern herausfahren, auch im Sommer. Wer eine 7 vor dem Komma sehen will, muss ziemlich diszipliniert fahren und eine gewisse Hybrid-Erfahrung mitbringen, gleichwohl 7er-Verbräuche im Sommer kein echtes Problem sind - im Winter aber schon, selbst mit Hybrid-Erfahrung.
NEFZ ist übrigens 8,1, und die sind im Jahresmittel auch machbar. Der Nachfolger (mit Atkinson und fast 30 PS höherer Systemleistung) liegt mit NEFZ 6,3 deutlich niedriger, und auch die sind machbar. Der Entwicklungsfortschritt des Hybridsystems ist also sehr beachtlich!
Am Rande: Im direkten Vergleich zwischen Prius II und III sowie RX 400 und 450h ist mir wiederholt aufgefallen, dass das jeweils neuere Modell vom Stand weg schwächer zu beschleunigen scheint, sich untenrum also kraftloser anfühlt. So ab 10 oder 15 km/h ist dieser Eindruck bereits wieder weg, die Messwerte bestätigen ihn sowieso nicht. Aber es ist auffällig, dass die neueren Systeme nicht mehr diesen massiven E-Bums aus dem Stand heraus aufweisen. Sie sind irgendwie anders abgestimmt oder es liegt an der überarbeiteten Konstruktion. Ich kann damit gut leben, wollte es nur mal festhalten.
Wo wir gerade bei den Unterschieden zum Nachfolgemodell sind: Dem allgemeinen Toyota-Trend
folgend sind die verbauten Innenraum-Materialien des RX 400h haptisch
deutlich besser als die des RX 450h. Auch die vielen liebevollen Details, etwa die verschiebbare und per Tastendruck verschließbare Mittelkonsole, Staufächer im Kofferraumboden, die beleuchteten Einstiegsleisten, beleuchtete Getränkehalter, dimmbare Schminkspiegel, gleich drei separate Kofferraumlampen etc.etc. - diese und ähnliche Kleinigkeiten hat man beim Nachfolger überwiegend wegoptimiert.
Wie erwähnt ist dort aber der Antrieb wesentlich effizienter, was natürlich viel schwerer wiegt als ein paar Lämpchen. Sehr nützlich ist die elektrisch öffnende/schließende Heckklappe, die man dem Nachfolger glücklicherweise auch gegönnt hat.
Die serienmäßige Soundanlage von Mark Levinson mit dem 6-fach DVD-Wechsler und Dolby-Surround-Sound ist der Knaller. Wie im Kino, nur besser. Wenn man es drauf anlegt, fliegen einem die Plomben aus den Zähnen. Das können zwar viele andere Soundsysteme auch, aber das hier klingt dabei immer noch gut - das ist das Besondere.
Ein witziger Anachronismus: Das erste RXh-Modell ist meines Wissens das letzte des Toyota-Konzerns, in dem noch bis zum Ende der Produktion im Jahr 2009 serienmäßig Tapedecks (Kassettenspieler) verbaut waren. Dabei hat man nicht gegeizt: Da ist ein äußerst hochwertiges Logic-Control-Deck drin, mit allen Schikanen.
Es zieht die Kassetten selbst ein, fährt eine beliebige Anzahl Leerstellen zwischen den Musiktiteln an (man kann also zum Beispiel drei Titel zurückspulen), stellt sich auf verschiedene Bandqualitäten ein und wechselt automatisch zur Rückseite. Dabei ist es voll in die Bordsysteme integriert, lässt sich komplett mit deutschen Sprachkommandos steuern (!), hat Dolby und Display und Tod und Teufel. Superklasse, vom Allerfeinsten.
Schade nur, dass das kein Mensch mehr braucht, weil niemand mehr Kassetten
verwendet.
Ich habe aber noch ein paar gefunden, vor gut 25 Jahren mit meinem damaligen Nakamichi-Deck aufgenommen. Die lasse ich ab und zu als Erinnerung an alte Zeiten abspielen, und die klingen richtig gut - nix mit Kompression und Artefakten und so.
Das Auto hat ein Powermeter (Zeigerinstrument), dort kann man in kW ablesen, wieviel Systemleistung gerade benötigt wird. Erkenntnis: Erstaunlich wenig, wenn man nicht gerade Vollgas die Kasseler Berge hochbrettert. Um beispielsweise mit Tempomat 110 km/h gemütlich dahin zu gleiten, werden so gut wie nie mehr als 20 kW benötigt. An einer Steigung kann ich ab und zu Ausschläge bis 70 oder 80 kW beobachten, dann bin ich aber schon eher flott unterwegs und es geht kräftig bergauf.
Ich denke, die meisten Autos sind übermotorisiert. Es ist erstaunlich, wie wenig Leistung zum moderaten Beschleunigen und zum Halten auch höherer Geschwindigkeiten benötigt wird. Richtig viel Leistung braucht man eigentlich nur, wenn man sehr flott beschleunigen möchte, beim entspannten Mitschwimmen im Verkehr aber so gut wie nie.
Welches Zwischenfazit ziehe ich also? Nun, ob man so ein Trumm von Auto braucht, muss zunächst mal jeder selbst wissen. Für uns ist es ziemlich ideal, wegen der Transportkapazität, wegen der Zuladung (war beim Prius oft leicht über dem Limit) und weil Etern und Schwiegereltern - alle vier zwischen 75 und 88 Jahren alt - recht gut ein- und aussteigen können. Vor allem aber, weil ich damit auf dem Acker und im Weinberg rumfahren kann, ohne ständig Angst vor Aufsetzern zu haben.
Der letzte Punkt war beim Prius mitunter etwas problematisch, weil ich schon auf den Zubringer-Feldwegen den hohen Mittelstreifen und den Fahrbahnrand befahren musste, um nicht aufzusetzen. Funktioniert hat das natürlich schon, so ist das nicht. Auf der Autobahn, wo auch mein RX überwiegend zu Hause ist, macht er ökonomisch gesehen keinen rechten Sinn. Nett zu fahren ist er aber auch dort.
Die Unterhaltskosten ohne Wertverlust liegen durch die enorm hohen Versicherungprämien und Tarife der Vertragswerkstatt für die Inspektionen ziemlich genau bei 2,1 mal Prius II, also etwas mehr als doppelt so hoch. Der höhere Benzinverbrauch trägt dazu weniger bei, als man annimmt, ist aber natürlich auch nicht ganz unschuldig.
Vorher hatte ich einen GS 450h, der lag kostenmäßig in etwa gleich auf. Den habe ich aber bereut, rein aus praktischen Erwägungen: Tolles Auto, für meine Einsatzzwecke leider nicht zu gebrauchen, weil zu wenig Transportkapazität und zu wenige Bodenfreiheit. Keine Ahnung, welcher Teufel mich damals geritten hat, den zu kaufen - wahrscheinlich die Faszination darüber, dass mir bei der Probefahrt das Toupet vom Schädel geflogen ist, als ich das Gaspedal nur gestreichelt habe. Das passiert einem im fast eine halbe Tonne schwereren RX garantiert nicht, auch wenn er durchaus zügig in die Gänge kommt.
Mit dem RXh bin ich also insgesamt recht glücklich, ich denke, das kann man so rauslesen. Er schluckt ordentlich was weg, fährt auch schön über Wiesen und Feldwege und macht eigentlich in jeder Lebenslage Spaß, mit leichten Einschränkungen beim Tanken - glücklicherweise verhindert der HSD Schlimmeres.
Trotzdem wird der RX 400h-Nachfolger bei mir wahrscheinlich kein RX 450h, sondern eher wieder ein Auto mit stärkerer ökonomischer Orientierung werden. In Frage kämem beispielsweise ein Prius Plus (leider ist dessen Kofferraum eigentlich eine Nummer zu klein) oder ein Auris II HSD Kombi (vermutlich dasselbe Problem) oder Avensis HSD Kombi - aber die gibt es bekanntlich beide noch nicht. Mal abwarten, pressiert ja nicht.
Detailfragen zum RX beantworte ich gerne. Bilder gibt es auch jede Menge, falls sich jemand für ein Detail interessiert.
Grüße, Egon
Nachsatz:
- In den letzten drei Wochen bin ich mit 250 Kilo Beladung (inklusive Fahrer) 3300 Kilometer gefahren, überwiegend Autobahn. Der Schnitt lag dabei bei 7,54 Liter/100 km, was für das fette Auto ein akzeptabler Wert ist:
KLICK
- Ab nächsten Sonntag werde ich mit über 440 Kilo (!) Beladung innerhalb von sechs Tagen ungefähr 2000 Kilometer zurücklegen, das meiste davon in Norddeutschland und an der Ostsee. Ich hoffe auf einen Verbrauch von gerade noch unter 8 Litern, aber das könnte wegen der dann insgesamt 2,5 Tonnen Fahrzeuggewicht und der mittlerweile etwas kühleren Witterung eng werden.