Hallo allerseits oder: Liebe Gemeinde!
Ich lese seit längerem immer mal wieder in diesem netten Forum und möchte mich endlich mal vorstellen um in Zukunft auch den ein oder anderen Beitrag hier zu verfassen. Der Austausch bei den Priusfreunden ist freundlich und sachlich, was ich als sehr angenehm empfinde.
Zu meiner Person: In Schleswig-Holstein lebend, männlich, 52 Jahre jung und multipel technisch Interessiert. Ausser einem HSD gehören zu meinem Leben Familie, zwei Enkelkinder und chinesische Kampfkunst. Meine Brötchen verdiene ich als Pädagoge im Schnittbereich von Bildung, Politik und Internet.
Vor genau zwei Jahren wechselte ich von einem Audi A2 TDI ins Lager der Hybridpiloten. Ich erstand einen gebrauchten Prius 3 Executive, Bj. 2010. Der Weg zum Hybriden in der Geschmacksrichtung Prius war lang. Ich musste einfach erstmal darauf kommen! Dieses Forum hat dazu mehr als einen nur unerheblichen Beitrag geleistet. Danke.
Der Prius und das Konzept des Toyota HSD haben mich derweil im alltäglichen Gebrauch überzeugt. Auch wenn ich mir manches anders bzw. besser wünschen würde.
Ein Fahrzeug ohne HSD kann ich mir - nach zwei Prius-Jahren - für mich nur noch schwer vorstellen. „Konsequenterweise“ habe ich bereits ein Auge auf den Prius 4 geworfen. Mal sehen
.
Wer mag kann sich den „Longread“ meiner Autohistorie und den Weg zum Prius antun. Ich hab da mal was zusammengeschrieben.
- - Longread - -
Die Vorgeschichte
Mein erstes Auto erstand ich 1983, einen gebrauchten Datsun Cherry Coupe. Ein Loch im Unterboden und tiefe Pfützen im Fussraum nach einer Regenetappe ließen mich 1987 zu einem Lancia Y10 wechseln. Ein Vorführwagen der auf nur 3,39 Meter Länge Annehmlichkeiten wie Alcantara, Zentralverriegelung und elektrischen Fenstern an Bord hatte. Knapp 10 Jahre fuhr ich diesen Floh mit Verbräuchen von rund 5 Litern und „eingebautem“ Parkplatz mit nur einem ausserplanmäßigen Werkstattaufenthalt. 1996 kam der Nachfolger Lancia Y ins Haus, wieder ein Vorführwagen und Lancia typisch schick ausgestattet. Ab 2001 war ich mit meinem ersten Audi A2 unterwegs. Und hier beginnt im Rückblick der lange Weg zum Prius.
Der Weg zum Prius
Im Jahr 2001 kaufte ich also einen A2 1.4 Benziner. Ausschlaggebend für die Wahl dieses Fahrzeugs war der Wunsch nach einem hochwertigen kompakten Auto mit guter Raumausnutzung. Die Vollaluminiumkarosserie versprach außerdem Langlebigkeit.
Die Vorteile des relativ geringen Gewichts und damit verbundenen relativ guten Fahrleistungen im Verhältnis zur überschaubaren Motorisierung (75 PS) bei relativ günstigem Verbrauch wurden mir eigentlich erst im Laufe der Nutzung richtig bewußt.
Das führte zu einer intensiveren Auseinandersetzung mit dem Konzept des A2 und der Erkenntnis, das Audi mit dem A2 einen wirklich guten Wurf getan hat. Meines Erachtens nach eine gute Basis, welche evolutionär weiterentwickelt ein Weg in die automobile Zukunft hätte sein können: Noch weniger Gewicht und bessere Aerodynamik, sparsamere und umweltfreundlichere Antriebe usw.
Die BWL'er gewinnen
Bei Audi gab es offenbar ähnlich denkende Menschen (Techniker, die auch alternative Antriebe auf dem Schirm hatten), welche aber den BWL'ern im Konzern relativ schnell unterlagen. Die Geschichte ist bekannt. Der A2 erhielt nicht nur keinen Nachfolger, sondern wurde nach knapp sechs Jahren eingestellt. Praktisch zeitgleich erschien das Monstrum Q7 auf dem Markt. Ich finde das bezeichnend, da Audi m.E. damals einen Kursschwenk vorgenommen hat. Der Anspruch von "Vorsprung durch Technik" wurde durch "Vorsprung durch Marketing" abgelöst. Es fand eine Verschiebung von inneren Werten hin zu äußeren statt. Zum einen, weil spätestens seit dem eine sagenhafte Ankündigungspolitik betrieben wird, zum anderen weil die Technik offenbar keinen Eigenwert mehr hat, sondern streng im Dienste von Marketing und Gewinnmaximierung steht. Die Leitgedanken der Entwicklung werden nicht mehr von Ingenieuren innerhalb eines wirtschaftlichen Rahmens formuliert, sondern von Betriebswirtschaftlern die sich der Ingenieure als Erfüllungsgehilfen bedienen. Es geht nicht mehr vorrangig oder zumindest weniger um gute Technik, sondern es geht mehr um wirtschaftliche Dominanz.
Für Audi mag das wirtschaftlich eine gute Entscheidung gewesen sein. Für mich als Mensch, Bürger, Autofahrer und Kunde läuft diese automobile Entwicklung - insbesondere auch der deutschen „Premiumhersteller“ - in eine völlig falsche Richtung.
Die neuen Märkte für Luxusgüter wurden seit den 90’ern China, Russland und der mittlere Osten. Für diese werden Karossen im „Oligarchentrim“ produziert, bei denen die bisherige eher strenge und zurückhaltende Gestaltung aufgegeben wurde.
Ich bin raus
Als Kunde war ich damit letztendlich raus, auch wenn das rückblickend ein Prozess über Jahre war.
Vom A2 jedoch war ich so überzeugt, dass ich 2005 ganz gezielt einen der letzten als Neufahrzeug in Wunschkonfiguration mit toller Ausstattung bestellte. Es war mein erster Diesel, ein 1.4 TDI mit 90 PS und das Fahrzeug war einfach klasse: Flink und sparsam, bequemer Einstig, gute Sitzposition, ein langstreckentauglicher außen kompakter Innenraumriese der in kleine Parklücken passte und im Parkhaus wegen seiner geringen Breite und außerdem schmalen Türen wirklich leicht zu handhaben war. Darüberhinaus qualitativ sehr gut gemacht, nicht nur Technik und Innenraum, sondern auch die äußere Erscheinung. Ein puristisches Design, das der Funktion und dem Material Aluminium folgt (gleichmäßige Radien und Rundungen der Karosse). Das muss man optisch nicht mögen, aber es war eben nicht nur Styling (lt. Wikipedia "die Verschönerung eines Produkts, um diesem einen höheren Verkaufswert zu geben") sondern echtes, gutes Design. Das wird leider kaum noch gebaut. Da geht der Trend im Automobilbau global in eine ganz andere Richtung. Leider.
Das Thema Automobildesign ist dabei eine eigene Abhandlung wert, denn bei der äußeren Erscheinung von Gegenständen im allgemeinen und Automobilen im besonderen geht es immer auch um den Ausdruck einer inneren Haltung.
Ich erlaube mir einen Exkurs:
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Vieles was mir inzwischen über den Weg läuft bzw. über die Strasse fährt, ist meines Erachtens einfach grotesk und lächerlich. Bei diesem "Thema besonders gut aufgestellt" um es mit der Sprache von Dr. Zetsche zu sagen, ist inzwischen Mercedes. Man sehe sich eine derzeitige A-Klasse an und ihre Ableger CLA und GLA. Mercedes selbst spricht davon wie "bewußt" sich der CLA "in Szene setzt" und schwärmt vom "stilsichern Auftritt" des GLA mit "SUV-Stilelementen". Die Verpackung und das Styling steht im Vordergrund. Dem GLA hat man dann einen "Unterfahrschutz" aus dünnem Kunststoff mitgegeben. (Als "Unterfahrschutz" wird seit der SUV-Epedemie der Unterbodenschutz bezeichnet, ein Unterfahrschutz hingegen wird bei LKW's zum Schutz für PKW's, vor dem Unterfahren des Hecks und der Seiten angebracht. Aber Marketingabteilungen und Motorjournalisten können schließlich auch nicht alles wissen.)
Dieser "Unterfahrschutz" schützt natürlich vor gar nichts, der tut nur so, der will und soll „nur spielen“. Das ist also dass, was Mercedes als "Stilsicher" bezeichnet: Wir tun mal so also ob … Na schönen Dank auch.
Der W126 ist wirklich verdammt lang her.
Und die neue S-Klasse ist auf ihre Art genauso "stilsicher". Um so etwas gut zu finden braucht es in erster Linie ein noch völlig ungebrochenes Verhältnis zum Angeben. Genau das gibt auch auf den Märkten, für die die deutschen "Premiumhersteller" heute ihre Fahrzeuge entwickeln: China, Russland und die arabische Welt.
Weil es so schön ist, noch ein paar Ansagen von D. Zetsche (aus 2014):
"Führung auszudrücken ist ein integraler Bestandteil der Marke Mercedes-Benz ... und wir definieren es durch Qualität, Performance und Ertragskraft" ... "und wenn Sie etwas tiefer gehen, dann finden Sie natürlich auch viel Substanz, der unseren Markenanspruch unterlegt" ... "ich sehe das sicherlich professionell, das beinhaltet aber auch Emotionalität ...".
"Volkswagen als Volumenmarke muß middle of the road breite Kundenstämme ansprechen. Wir können uns spitzer positionieren, denn wir wollen nur das Top-Segment adressieren."
Aha. Nur damit ich das richtig verstehe: Die Substanz von der Zetsche spricht findet ihren Ausdruck also im "Plaste-Unterfahrschutz" am GLA, der mit dieser Stilsicherheit und professionellen Emotionalität das Top-Segment anspricht?
Anyway. Ich muss das nicht verstehen, weil ich nämlich gar nicht gemeint bin und das ganze wirtschaftlich offenbar funktioniert. Klar ist aber, wenn von der Qualität, Performance und Ertragskraft der Marke Mercedes-Benz die Rede ist, dann meint das in erster Linie das Unternehmen, nicht unbedingt seine Fahrzeuge. Von der Technik ist da erstmal gar keine Rede. Die BWL'er haben die Führung, und das nicht nur bei Mercedes.
Fast alle Hersteller folgen mehr oder weniger diesem Trend und der Prius ist davon seit der 3. Generation auch nicht frei.
Wie in anderen Lebensbereichen auch, werden Elemente und Kennzeichen der Oberklasse für die Mittel- und Unterklasse herunter gebrochen. Es entsteht eine Art Gelsenkirchener Barock, so zu sagen die ornamental üppig verzierte automobile Eichenfurnierschrankwand für Normalverbraucher mit 3-Raum-Wohnung.
Ein gesättigter Markt wie der deutsche verlangt nach anderen Eigenschaften als dem bloßen Rollen von A nach B. Er will, dass ihm die Autos Geschichten erzählen.
Dieses Bedürfnis bedient vor allem die Kategorie der SUVs - Autos, die enorm viel hermachen, die von Freiheit und Abenteurer berichten, aber bei nüchterner Betrachtung nicht mehr tatsächlichen Nutzen bieten als andere Fahrzeuggattungen. Größe und Geräumigkeit sowie eine erhöhte Sitzposition bieten Van’s schließlich auch und vor allem sind diese nicht nur außen sondern auch innen groß.
Gute Gestaltung jedenfalls kann auf Verzierung verzichten. Und wo es Verzierung braucht, damit Dinge überhaupt gefallen, liegen die Mängel in der Gestaltung.
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Überwintern
Zurück zum A2. Das Projekt A2 in Wunschkonfiguration war für mich auf 10 Jahre angelegt. Über so einen Zeitraum relativiert sich auch der Preis für einen Neuwagen (Liste im Jahr 2005 ca. 26.000 €), da man den hohen Wertverlust der ersten Jahre einfach nicht durch Verkauf realisiert.
Mit diesem Fahrzeug konnte und wollte ich "überwintern", in der Hoffnung auf den Frühling in Form eines neuentwickelten Fahrzeugs nach meinem Geschmack. Ich hoffte also auf ein Stück Zukunft und lebte lange Jahre gut und zufrieden mit dem A2 und beobachtete das automobile Marktgeschehen. Der Winter wurde lang und hart, insofern sich kein zartes automobiles Pflänzlein zeigte, welches wirklich in mein bislang gepflegtes Beuteschema gepasst hätte. Ich ging bei der Suche lange Zeit einfach von dem aus was ich besaß: Hochwertig, klein und flink, sparsam usw. (siehe oben).
Verschiedentlich verbreitete Audi Gerüchte über eine Neuauflage des A2. Allerdings in mehrfach wechselnden Konfigurationen und in teilweise ganz anderer Ausrichtung als der erste A2. Eben mehr Vorsprung durch Marketing. Irgendwann war mir dann klar, egal was die tun oder nicht tun - für mich ist das nichts. Ich bin raus.
Schade, denn den aktuellen A3 finde ich außen (hier leider nur den Dreitürer) und im Innenraum sehr gelungen, schlicht und aufgeräumt - fast schon reduziert, gute Verarbeitung und tolle Materialien. Aber gegenüber dem A2 bietet der Dreitürer weniger Nutzraum bei größeren äußeren Abmessungen. Hübsch aber unpassend für mich und ein schön gemachter Innenraum alleine ist dann auch irgendwie zu wenig.
Ein Prius?
Auf den Prius wurde ich ungefähr im Jahr 2009 zum ersten mal wirklich aufmerksam. Hervorgerufen durch das Buch "Öko: Al Gore, der neue Kühlschrank und ich" von taz-Redakteur Peter Unfried. Er beschreibt darin seine persönliche Energiewende und der Prius spielt in dem Buch auch eine Rolle. Seitdem fand ich den Prius ein bemerkenswertes Auto, wenn auch nicht unbedingt für mich. Das paste noch nicht in mein automobiles Beuteschema.
Ich war einfach noch nicht so weit.
Die nächste Phase. Neuorientierung
Ungefähr ab 2012 habe ich dann Audi und die leckeren Innenräume wirklich losgelassen. Ich verabschiedete mich auch von der bis dahin festen Überzeugung, das es wieder ein Diesel werden müsste. Die Zukunftsfähigkeit der Dieseltechnologie schien mir angesichts steigender Anforderungen an die Abgasreinigung recht begrenzt.
Wichtig für den einsetzenden Veränderungsprozess waren u.a. der Tempomat und der Bordcomputer mit genauer Anzeige des Momantanverbrauchs in meinem zweiten A2. Die haben ab 2005 aus mir Stück für Stück einen anderen Fahrer gemacht. Ich bekam Spaß am sparen und an effizienter Fortbewegung. In der Werkstatt wurde mir von da ab mitgeteilt „sie bremsen zu wenig“.
Ich aber fing schließlich an mich völlig neu zu orientieren. Ich begann sehr viel unbefangener in die automobile Welt zu schauen und sah:- NICHTS.
Nichts außer automobilen Gebrauchsgegenständen, gut genug für die Fahrt von A nach B, aber aus meiner Warte alle ohne echten Reiz. Nichts was mir als erstrebenswerter Nachfolger für den A2 erschien.
Und tschüss Diesel-A2. Hallo Prius!
In dieser Phase viel mein Blick dann wieder auf den Prius und Toyotas Hybridtechnik. Ich begann mich damit auseinanderzusetzen. Fing auch an in diesem Forum mitzulesen. Mein Interesse wuchs und ich begann mich ernsthaft für einen HSD zu erwärmen. Unklar war lange noch die genaue Geschmacksrichtung. Also Lexus CT (Innenraum!), oder neuer Auris II, oder reicht nicht eigentlich auch ein Yaris? Hängen geblieben bin ich letztlich dann doch beim Prius. Er ist das Original. Und es ist auch ein Statement. Und auch der P3 gefällt mir - übrigens auch der Innenraum. Das futuristische hat was.
Nach knapp 9 Jahren und gut 142.000 km verkaufte ich den A2. Der Durchschnittsverbrauch über die gesamte Haltedauer lag bei realen 4.37 L. Das entspricht dem Normverbrauch von 4.4 mit 16" Rädern.
Ab März 2014 dann also P3. Beginn einer intensiven Praxisphase, mit Eingewöhnung und kennen lernen der Technik. Bisheriges Fazit:
Das Parklücken jetzt größer sein müssen als beim A2 ist selten ein echtes Problem. Ich schätze die Geräumigkeit des Prius. Es ist praktisch und Angenehm auch mit mehr als zwei Leuten kommod unter zu kommen.
Die Qualität der Materialien, besonders im Innenraum ist bescheiden aber letztendlich „good enough“. Es geht auch so. Das eher futuristische Cockpit des P3 ist einfach anders.
Die Sitze hingegen dürften deutlich besser sein und mehr Seitenhalt bieten. Im A2 war mein Rücken auf längeren Fahrten besser aufgehoben.
Ich schätze die reichhaltige Ausstattung meines Prius mit Bluetooth und Freisprechanlage, automatisch abblendenden Rückspiegel, Solardach und Abstandstempomat. Der Radioempfang ist allerdings eine Katastrophe. Das fällt allein deswegen wenig ins Gewicht, weil die meisten Radioprogramme ebenfalls katastrophal sind.
Das beste aber ist der Antrieb. Meistens leise, sparsam (knapp 4,5 L/100km auf bislang 42.000 km, nicht nach BC sondern errechnet) und ein fast ruck freier Vortrieb in allen Lebenslagen. Das macht den Prius zu einem souveränen Gleiter, den ich mir besser gedämmt, mit besserem, komfortablerem Fahrwerk und einem im Ansprechverhalten müheloser wirkenden Antrieb wünschen würde. Nichts desto trotz: Das Ergebnis ist für mich eine Art automobiles Yoga. Der Prius entspannt.
Prius fahren macht Freude
lim (less is more)