Hallo zusammen,
nach einigen Verzögerungen (aufgrund des winterlichen Wetters) hatte ich gestern Gelegenheit eine Probefahrt mit dem Auris II zu unternehmen. Obwohl ich zunächst nur die V 1.0-Variante testen konnte, möchte ich euch meinen Fahrbericht dennoch nicht vorenthalten.
Die Probefahrt mit dem Auris II HSD wird aber in zwei Wochen folgen. Dann werde ich nochmal einen ergänzenden Fahrbericht posten.
Mein Test-Wagen war ein Auris II mit dem 1.6 Valvematic-Benziner und manuellem 6-Gang-Schaltgetriebe. Es handelte sich um die Start-Edition.
Die Außenoptik des neuen Auris gefällt mir sehr gut. Der Wagen sieht sportlich, futuristisch und dennoch elegant aus. So wird es dem Auris sicherlich gelingen Kunden abzuwerben, die progressives Design mögen und bisher bspw. einen Honda Civic der vorletzten Generation fuhren. Die typische Golf-Käuferschaft wird man mit diesem Design sicherlich nicht ansprechen, doch ich persönlich bin auch sehr froh darum, dass Toyota dies erst gar nicht versucht.
Kleiner Exkurs:
Neulich fuhr ein Golf VII vor mir her und ich muss wirklich nochmal betonen, dass Volkswagen es aus meiner Sicht mit der Design-Kontinuität gewaltig übertreibt. Unterschiede zum Golf VI sind nur für Autokenner ersichtlich und die Heckansicht wirkt nun noch altmodischer. Irgendwie wirkt das Fahrzeug in meinen Augen wie ein Relikt aus einer vergangenen Dekade, dass nur noch von dem Hype der darum gemacht wird, am Leben gehalten wird. Die geballte Mutlosigkeit, die dieses Design an sich verkörpert, hat man dann leider noch mit einem äußert seltsam geformten Tankdeckel versucht zu kompensieren. Dies wirkt für mich etwa so peinlich, als ließe sich Angela Merkel eine Irokesenfrisur schneiden.
Nun komme ich aber zurück zum Auris. Eine Sache muss ich hinsichtlich des Außendesigns nämlich doch kritisieren: Die fehlende Eigenständigkeit. Der Kühlergrill erinnert an frühere Nissan-Modelle, die Scheinwerfer an Honda, der untere Kühlerschlund an Ford, die Seitenansicht ist der des Mazda 3 nicht unähnlich und das Heck ist eine Mischung aus Hyundai i30 und Mitsubishi ASX. Nun ja, aber besser gut zusammenkopiert, als schlecht selbst gemacht.
Die Verarbeitung der Karosserie wirkt solide und die Spaltmaße sind genau, wenn auch etwas breit. Sehr überzeugend finde ich das Türschließgeräusch. Es klingt sehr satt und hochwertig. Aufgeschlossen wird der Auris II nun endlich mit einem Klappschlüssel. Dieser genialen Erfindung hat sich Toyota leider jahrelang mit konventionellen Schlüsseln, die mit ihrem extralangen Bart vermutlich so manche Hosentasche durchbohrt haben, verwehrt.
Nach dem Öffnen der Tür fällt auf, dass Kratzschutzleisten auf den Schwellern eingespart wurden. Die Konkurrenz (Golf und Astra bspw.) hat es zwar auch nicht, aber das macht es ja nicht besser. Platz genommen im neuen Auris, fällt mir auf, dass ich ziemlich tief in den Sitz falle und sich ein monumentales Instrumentenbrett (und die Betonung liegt auf Brett) wie eine senkrechte Wand vor mir auftürmt. Die Scheiben sind rundum sehr klein und die Kopffreiheit alles andere als üppig. Der deutsche Durchschnittskäufer mag loben, dass man nun endlich „im“ Auto und nicht mehr gefühlt „auf“ dem Auto sitzt und man sich gut in das Fahrzeug integriert fühlt. Die Sichtweise habe ich jedoch nie verstanden. Für mich bedeutet dies in erster Linie unheimlich unbequem ein- und vor allem auszusteigen und diese (gefühlte) Enge verursacht bei mir Unbehagen.
Der Auris I hat mich dahingehend weit mehr überzeugt. Dank der hohen Sitzposition waren Ein- und Ausstieg sehr bequem, der Verkehr war aus der erhöhten Position angenehm zu überblicken, die Frontscheibe war weit vom Kopf entfernt und schön groß und weit heruntergezogen. Das Fahrzeug hat ein wahrhaftig großzügiges Raumgefühl vermittelt und die Übersichtlichkeit war sehr angenehm.
Der Auris I hat seine Konkurrenten auch in Sachen Platzangebot auf der Rückbank in den Schatten gestellt und wie bei allen Toyotas der letzten Jahre, war auch die Rückbank hoch montiert, so dass Oberschenkel und Unterbein in einem bequemen 90-Grad-Winkel standen, während die tief montierten und dünn gepolsterten Rückbänke deutscher Konkurrenten einer Folterbank glichen und immer noch gleichen, da die Oberschenkel aufgrund des zu geringen Höhenunterschieds zwischen Rückbank und Fußboden in der Luft hängen und die Knie unangenehm eng an den Körper gezogen werden müssen.
Doch diese negativen Eigenschaften hat Toyota beim Auris II kopiert und das Platzangebot auf der Rückbank ist nunmehr sogar so schlecht wie bei Opel Astra oder BMW 1er. Ich möchte im Auris II keine längere Fahrt auf der Rückbank verbringen und dies auch keinem zumuten.
Aber zurück zum Fahrerplatz. Das Design des Armaturenbretts gefällt mir nicht so recht und die langweilige Optik passt so gar nicht zum progressiven Außendesign. Zudem wirkt das Design in meinen Augen wenig harmonisch und sehr zusammengeflickt. Die skurrile Uhr mag ich aber irgendwie, weil sie ein typisch japanisches Stilmerkmal ist. Eine schönere Integration wäre aber wünschenswert gewesen.
Die Ergonomie hat unter dem Modellwechsel leider auch gelitten. So sind glücklicherweise nach wie vor die wichtigsten Bedienfunktionen (logisch gegliedert) in den Lenkstockhebel untergebracht und die einheitlich blaue Schalterbeleuchtung ist ein Fortschritt gegenüber dem Vorgänger, aber die (ähnlich wie bei deutschen Konkurrenten) viel zu tief platzierte Klimabedieneinheit ist ein echter Rückschritt zum Auris I. Ebenso muss ich beklagen, dass die Dosenhalter des Auris II eine Farce sind. Dort fehlen Arretierungen für die verschiedenen Dosen- und Flaschengrößen. Immerhin gibt es aber beim Auris II noch zwei tiefe Löcher in der Mittelkonsole. Die deutsche Konkurrenz verzichtet entweder ganz auf Dosenhalter oder verbaut gänzlich unbrauchbare. Beim Auris I konnte man die Dosenhalter unterhalb der Lüftungsdüsen herausfahren und die Getränke im Sommer entsprechend kühlen lassen. An eine vernünftige Arretierung wurde gedacht.
Erwähnenswert wäre noch das nervige synthetische Blinker-Geräusch. Ich bin immer noch ein Fan des guten alten Relaisknackens. Endlich gibt es auch eine Antipp-Funktion für den Blinker, was viele Käufer freuen dürfte. Persönlich bin ich eher ein Gegner dieser Funktion, da ich sie nervig und überflüssig finde.
Die Instrumente sind gut ablesbar und optisch akzeptabel, jedoch vermisse ich die hübschen Optitron-Instrumente des Vorgängers. Ebenso muss man wieder mit analogen Instrumenten für Motortemperatur und Tankanzeige leben. Die digitale Balkenanzeige im Vorgänger fand ich deutlich besser. Das TFT-Display zwischen den Instrumenten erinnert (optisch wenig gelungen) an Volkswagen und hat eine sehr grobe Auflösung.
Toyota spricht von einem hochauflösenden Display. Aber die sprechen ja auch von einer signifikanten Verbesserung des Platzangebots, obwohl es deutlich enger zugeht im neuen Auris.
Die Bedienung des Touch-Systems finde ich überzeugend, wenngleich die Größe des Displays etwas klein ausfällt. Hier hat der Golf VII optional mehr zu bieten, der aber dafür Schwächen bei der Bedienergonomie zeigt (überfrachtete Lenkstockhebel mit sinnloser Funktionsstreuung und schlechter Bedienbarkeit, schlecht erreichbarer Lichtschalter, etc.).
Die Materialauswahl im Innenraum finde ich überzeugend. Das Armaturenbrett ist oberhalb fast bis zur Windschutzscheibe weich aufgeschäumt und das Material sieht auch hochwertig aus. Sehr edel wirkt die Frontverkleidung aus Nappaleder beim Executive, die Frontverkleidungen in Metalloptik beim Testwagen wirken aber auch keinesfalls minderwertig. Auch die Türverkleidungen sind oberhalb weich geschäumt. Lediglich das glänzende Hartplastik an der Mittelkonsole wirkt minderwertig. Insgesamt trägt der Auris den Rotstift aber nicht so offen zur Schau wie der Golf VII, der durch einen recht hohen Hartplastikanteil, schlechter Farbabstimmung zwischen den Kunststoffsorten, großflächiger Hartplastikanteile an der Armaturenfront (silbern lackiert oder Klavierlackoptik) und Verarbeitungsschwächen (filigrane und wackelige Sitzhöheneinstellung) als Meister der „Wertigkeit“ überrascht. Nun ja, Volkswagen wird schon genau wissen, warum nicht die Rede von „Hochwertigkeit“ ist.
Leider wird aber auch beim Auris II an manchen Stellen der Rotstift deutlich. So ist nur der Fahrerfensterheber beleuchtet und mit Autofunktion versehen. Beim Vorgänger reagierte Toyota auf die Kundenkritik und führte für alle Versionen beleuchtete Auto-Fensterheber rundum mit dem Facelift für alle Versionen ein, um anschließend beim Nachfolgemodell dahingehend wieder abzuspecken. Weiterhin bleibt eine Zweizonen-Klimaautomatik nun ebenfalls dem Topmodell vorbehalten. Immerhin ist diese aber endlich auch für die Hybrid-Version erhältlich. Lüftungsdüsen und Handschuhfachdämpfung könnten hochwertiger wirken und leider hat Toyota das asphärische Spiegelglas auf der Fahrerseite eingespart.
Nun soll die Fahrt aber langsam losgehen und ich stelle fest, dass die Sitze im Vergleich zum Vorgänger bequemer geworden sind. Leider sind die Einstellbereiche nach wie vor mangelhaft. Ein guter Freund von mir, der aktuell den Auris I HSD fährt, und 1,99m misst, kann im neuen Auris nicht sitzen. Der Fahrersitz lässt sich nicht weit genug nach hinten schieben und auch nicht weit genug nach unten stellen. Somit kann er nicht aufrecht sitzen. Hinzu kommt, dass das Lenkrad sich nur etwa 5cm in Längsrichtung verstellen lässt.
Obwohl er begeistert vom HSD ist und seit Jahren Toyota fährt, muss er also nach seinem Auris I HSD auf ein konventionelles Konkurrenzprodukt ausweichen, weil Toyota zwar alle Nachteile deutscher Kompaktwagen kopiert, aber leider nicht deren Vorteile. Auch die Koreaner haben sich inzwischen darauf eingestellt, dass Mitteleuropäer im Schnitt größer sind. In Hyundai i30 und Kia Ceed kann er Sitz und Lenkrad, wie auch bei deutschen Fahrzeugen perfekt einstellen.
Doch auch ich 1,75m-Zwerg finde im neuen Auris keine gute Sitzposition. Das Lenkrad ist viel zu weit entfernt und lässt sich ja nur marginal in Längsrichtung verstellen. Resultat: Damit ich bequem ans Lenkrad komme, muss ich viel zu weit nach vorne rücken. Toyota behauptet sämtliche Einstellbereiche verbessert zu haben. Auch hier gilt: Es ist keinesfalls besser geworden, sondern eher schlechter.
Löblich hingegen, dass auch Toyota endlich die Beifahrersitzhöhenverstellung für sich entdeckt hat. Ich drehe also nun den Schlüssel um und der 1.6 Valvematic-Benziner (132 PS) erwacht zum Leben. Direkt fällt mir auf, dass der Motor kaum zu hören ist. Einen so flüsterleisen Benziner habe ich im Kompaktsegment noch nicht erlebt. Hier kann allenfalls der Hyundai i30 mithalten, aber auch nicht vollends. Vibrationen sind dem Motor zudem absolut fremd und die Schaltung lässt sich leichtgängig bedienen und fühlt sich hochwertig an. Leider ist die Positionierung eines kurzen Schalthebels in Lenkradnähe, wie es noch beim Vorgänger der Fall war, ebenfalls einer konservativeren Innengestaltung zum Opfer gefallen, was sich darin niederschlägt, dass die Schaltwege länger sind.
Toyota bietet ja bislang keine Turbo-Benziner an und verzichtet zudem auf Downsizing. Offen gestanden empfand ich die gleichmäßige Kraftentfaltung des Saugbenziners und seinen angenehmen Klang sehr wohltuend. Beides vermögen die meisten aufgeblasenen Mini-Motoren der Konkurrenz nicht zu bieten. Gleichwohl muss ich aber kritisieren, dass der Motor nicht gerade flott zu Werke geht und sich nicht nach 132 PS anfühlt.
Herausragend finde ich das Fahrwerk des neuen Auris. Der Wagen ist einerseits sehr handlich, überzeugt aber andererseits mit einer sehr komfortablen Federung, der es sehr gut gelingt den Straßenzustand vor dem Fahrer verborgen zu halten. Dabei fallen auch die gute Dämmung von Fahrwerks- und Abrollgeräuschen auf. Eine derart gelungene Abstimmung ist mir in der Kompaktklasse noch nicht untergekommen.
Und trotz niedriger Außentemperaturen waren keinerlei Klapper- oder Knistergeräusche zu vernehmen. In Sachen Materialauswahl und Verarbeitung ist der Auris II ein Quantensprung im Vergleich zu seinem Vorgänger.
Überzeugend sind auch die Bremsen, die jederzeit kräftig ansprechen und sich gut dosieren lassen.
Zu loben wäre noch das automatische Einparksystem, was Parklücken bei der Vorbeifahrt vermisst und zuverlässig auch in enge Parklücken einparken kann. Die serienmäßige Rückfahrkamera hilft dabei die Kontrolle zu behalten, was angesichts des winzigen Heckfensters und der breiten C-Säulen aber auch notwendig ist.
Fazit: Der neue Auris sieht schick aus, ist weitgehend hochwertig gemacht und fährt sich ausgezeichnet. Dennoch würde ich ihn niemals kaufen wollen, da mir der enge Innenraum nach europäischem Vorbild und das Innendesign so gar nicht zusagen wollen. Zudem leistet sich Toyota hinsichtlich der Einstellmöglichkeiten des Fahrerplatzes unverzeihliche Schwächen.
Nichtsdestotrotz bin ich aber schon sehr auf die Probefahrt mit dem Auris HSD gespannt.