Priusfreunde.de

Ich höre auch öfter mal Ablehnung von Tempolimit - meistens eher mit dem "Freiheitsargument" (ich habe nur sehr wenige Schnellfahrer in meinem Bekanntenkreis).

Allerdings weiß ich nicht, wie repräsentativ das für die Bevölkerung (Verkehrsteilnehmer? ...) ist. .... trifft aber genauso auf die Befürworter zu.

WENN ich über Statistiken lese, dann weisen sie eher in Richtung Zustimmung.

Wir beklagen uns doch alle immer über zu viele Vorschriften. Warum also nun die Forderung nach einem Tempolimit?

Es steht jedem, der möchte frei, langsam zu fahren. Warum anderen etwas aufzwingen? Haben wir nicht schon genug "Zwang" allen Ecken? Man denke nur an Bauordnungen, Baumschnittverordnungen, Mülltrennungsvorschriften, usw. usw.

Gruß Thorsten

Wenn statt einem allgemeinen Tempolimit auf der Autobahn erst mal bestehende Tempolimits vor allem innerorts und auf Landstraßen flächendeckend überwacht würden (und entsprechende Verstöße dann auch geahndet werden), wäre ich auch schon zufrieden.

priusb78 schrieb:
Wir beklagen uns doch alle immer über zu viele Vorschriften. Warum also nun die Forderung nach einem Tempolimit?Dieses Argument hat genau dieselbe Wertigkeit, wie "zu wenig Schilder" von Wissing.

Sich im zugegeben überreglementierten Deutschland genau diese eine Bestimmung als zu viel herauszusuchen, auf die sich die ganze restliche Welt einhellig geeinigt hat, da sollte einem eigentlich auffallen, dass das nicht ganz plausibel ist.

Ein allgemeines Tempolimit wäre keine zusätzliche Vorschrift, sondern sie würde die bestehende Richtgeschwindigkeit obsolet machen, welche in einer eigenen Verordnung deutlich komplexer verfasst wurde, als es beim Tempolimit notwendig wäre.

Das allgemeine Tempolimit auf Autobahnen könnte man durch eine kleine Änderung eines Satzes von StVO §3 Abschnitt (3) Satz 2c eintüten. In Summe wäre das also sogar eine Vereinfachung bei der beklagten "Verordnungswut" und genau so eine Vereinfachung wolltest du doch gerade einfordern?

So wie man eben auch bei einem allgemeinen Tempolimit in Wahrheit viele Schilder abbauen könnte, anstelle neue zu brauchen, die Klage über eine angebliche neue Verordnung passt also wie die Faust auf's Auge zum Wissing-Argument.

Hier noch der aktuelle Satz in der StVO für die erlaubte Geschwindigkeit außerorts:
"für Personenkraftwagen sowie für andere Kraftfahrzeuge mit einer zulässigen Gesamtmasse bis 3,5 t
100 km/h.
Diese Geschwindigkeitsbeschränkung gilt nicht auf Autobahnen (Zeichen 330.1) sowie auf anderen Straßen mit Fahrbahnen für eine Richtung, die durch Mittelstreifen oder sonstige bauliche Einrichtungen getrennt sind. Sie gilt ferner nicht auf Straßen, die mindestens zwei durch Fahrstreifenbegrenzung (Zeichen 295) oder durch Leitlinien (Zeichen 340) markierte Fahrstreifen für jede Richtung haben."

und jetzt neu:
"für Personenkraftwagen sowie für andere Kraftfahrzeuge mit einer zulässigen Gesamtmasse bis 3,5 t
100 km/h.
Auf Autobahnen (Zeichen 330.1) sowie auf anderen Straßen mit Fahrbahnen für eine Richtung, die durch Mittelstreifen oder sonstige bauliche Einrichtungen getrennt sind und auf Straßen, die mindestens zwei durch Fahrstreifenbegrenzung (Zeichen 295) oder durch Leitlinien (Zeichen 340) markierte Fahrstreifen für jede Richtung haben, ist 130km/h gültig."

Wenn ich mich nicht verzählt habe, wäre der neue Text sogar noch um 46 Zeichen kürzer.

Und die "Verordnung über eine allgemeine Richtgeschwindigkeit auf Autobahnen und ähnlichen Straßen (Autobahn-Richtgeschwindigkeits-V)" könnte auf den Müllhaufen der Geschichte.

www.gesetze-im-internet.de/babrigeschwv_1978/BJNR018240978.html
Also eine Win-Win-Situation beim Verordnungsabbau.

eppf

Wir beklagen uns doch alle immer über zu viele Vorschriften. Warum also nun die Forderung nach einem Tempolimit?
E = 0,5·m·v² würde mir bzw. der Suchmaschine einfallen.
Ich würde mir wünschen, es würde ein Limit geben, meinetwegen 150 km/h. Dann würde die Fraktion 20%+ bis 180 km/h fahren können. Da sähe ich keine Einschränkung mehr hinsichtlich Freiheit.
Ich bin ein paar Jahre 200+ km am Tag gependelt. Und daher auf der in den 90ern noch recht freien A45 Herborn-Hanau auch gerne 180-200 km/h gefahren. Rückwirkend betrachtet war es damals, nicht nur auf der Autobahn, einige male "dem Tod gerade so noch von der Schippe gesprungen". Und dann waren wir so weit, das ich mich mitunter bei 180+ km/h erschrocken habe, weil "plötzlich" ein Fahrzeug hinter mir war.
Früher hat man sich gefreut, wenn das eigene Auto die 150 km/h erreichen kann, man ist längst über jedes vernünftige Maß hinausgeschossen.

Nur meine Meinung, LG
Klaus

KSR1 schrieb:
... man ist längst über jedes vernünftige Maß hinausgeschossen.
Das erkennt man alleine daran, dass heute Fahrzeuge gebaut werden, die eine größere Vmax haben, als es im Rennsport noch toleriert wird.

So hat man z.B. in Le Mans die Notbremse gezogen, als man Geschwindigkeiten von über 400kmh erreichte und es wurden zwischenzeitlich Schikanen eingebaut, um das Maximum auf unter 350kmh zu begrenzen.

Aber das gilt natürlich nicht für die "German Autobahn".

eppf

eppf schrieb:
...
Ein allgemeines Tempolimit wäre keine zusätzliche Vorschrift, ..
Ich wäre auch durchaus bereit, ein Tempolimit gegen die Vorschriften zu Geschwindigkeitsbegrenzungen durch Kreise & Kommunen einzutauschen.

So dass z.B. nicht mehr zwischen zwei 70er-Zonen für 50m 100 erlaubt sein muss - würde übrigens auch Schilder sparen. Oder dass 30er-Zonen auch eingereichtet/erhalten bleiben dürfen, ohne dass Blut fließen muss. ...

priusb78 schrieb:


[...] Es steht jedem, der möchte frei, langsam zu fahren. [...]

Gruß Thorsten
Das ist eine gute Idee.
Mit 130 an einer LKW-Kolonne vorbeifahren und den Hintermann, der mit 10m Abstand folgt, so lange aufhalten, bis man vorbei ist.
Auf dem Auto einen Aufkleber "priusb78 erlaubt das".

Gruß
Helmut

Dieses Argument, es stehe jedem frei, sich z.B. an die Richtgeschwindigkeit zu halten, kommt leider immer wieder und kann nicht oft genug widerlegt werden.

Wenn es denn so wäre!

Einerseits passiert genau das, was Helmut gerade sagte, die von hinten ankommenden Fahrer hüpfen im Dreieck, oder es wird einem gezielt noch dichtgemacht, damit man ja nicht mehr rechtzeitig hinter einem LKW herauskommt.

Auf der 3-spurigen A8 München/Ulm kommt man zeitweise nicht mal mehr problemlos auf die mittlere Spur, weil die linke von der 200+kmh Fraktion belegt ist und in der Mitte dann 160+kmh.

Wenn ich z.B. mit ACC-Tempomat und 130kmh unterwegs bin, auf einen LKW auflaufe und genau zu dem Zeitpunkt die Spur wechsle, wo ACC (bei mittlerer Einstellung) mit dem Abbremsen beginnt, dann ist es mir schon ein paarmal passiert, dass Leute von hinten meinten, mich vor dem LKW noch rechts zu überholen. Nein, ich habe die garantiert nicht unzulässig ausgebremst, die konnten es nur nicht ertragen, dass sie zusätzliche 20 Sekunden abwarten hätten müssen, bis ich am LKW vorbei bin.

Sich auf die vorgegebene Richtgeschwindigkeit zu begrenzen, kostet manchmal erheblich Nerven, das hat mit freier Geschwindigkeitswahl nicht mehr viel zu tun.

eppf

ellert_de schrieb:
Mit 130 an einer LKW-Kolonne vorbeifahren und den Hintermann, der mit 10m Abstand folgt, so lange aufhalten, bis man vorbei ist.
Eine Geschwindigkeit von 130 km/h beim Überholen einer LKW-Kolonne würde ich jetzt allerdings nicht als langsam bezeichnen. Selbst ohne Tempolimit ist das auf deutschen Autobahnen immerhin die Richtgeschwindigkeit. Da muss der Hintermann halt einfach mal 30 Sekunden länger warten, bis er vorbei kann.

EDIT: wie eppf aber richtig schreibt, gibt es leider genug Deppen auf unseren Straßen, die davon Puls bekommen und sich dann entsprechend risikoreich aufführen.

Neben einem Tempolimit bräuchte es halt auch deutlich mehr Kontrollen und deutlich härtere Strafen bei Abstandsvergehen. Egal ob auf der Autobahn mit Richtgeschwindigkeit, auf der Landstraße oder im Ort mit der erlaubten Maximalgeschwindigkeit sammelt man nach kurzer Zeit fast immer eine Kolonne hinter sich an die häufig drängelt oder rücksichtslos überholt.

Hier wäre ein unangenehmes Abstandswarnsystem (Warnausrufe oder unangenehmes Warngeräusch) in den Autos eine sinnvolle Einrichtung die den Fahrern klar macht wenn sie den erlaubten Abstand deutlich unterschreiten.

Alternativ sollte man Dashcamvideos erlauben die man mit einer einfachen Upload- und Anzeigemöglichkeit für Abstandsvergehen einrichten kann. Dazu noch die Halterhaftung falls der Fahrer nicht identifizierbar ist (setzt bei Motorräder zusätzlich noch ein Kennzeichen vorne voraus).

PMueller schrieb:
[...] WENN ich über Statistiken lese, dann weisen sie eher in Richtung Zustimmung.
So geht es mir auch. Zitat:

In der Vergangenheit hatten Umfragen jedoch nahegelegt, dass ein Tempolimit auf deutschen Autobahnen eine Mehrheit finden könnte. Bei einer Umfrage von Civey im Auftrag von »T-Online « vergangenes Jahr etwa gaben insgesamt rund zwei Drittel der Befragten an, einem generellen Tempolimit zuzustimmen. Eine Begrenzung von 130km/h war dabei am beliebtesten. Für unbegrenztes Tempo sprachen sich indes 32 Prozent der Befragten aus. In einer Umfrage des Instituts Insa für die Bild-Zeitung gab es eine Mehrheit von 57 Prozent für ein Tempolimit (130 km/h).- www.spiegel.de/auto/tempolimit-buerger-l...04-a77c-bd8d1af86855


priusb78 schrieb:
Wir beklagen uns doch alle immer über zu viele Vorschriften. Warum also nun die Forderung nach einem Tempolimit?
Weil es notwendig und längst überfällig ist, sinnvoll wäre und ausschließlich positive Auswirkungen hätte. Davon bin ich überzeugt.

Zudem hat sich im Lauf Zeit immer mehr der Eindruck gefestigt, dass es für die fast schon grotesk starke und seit mehreren Jahrzehnten anhaltende Gegenwehr überhaupt keine rationalen Argumente gibt. Michail Hengstenberg bringt das in seinem lesenswerten Kommentar sehr treffend auf den Punkt:

Es gibt keine guten Gründe gegen ein Tempolimit - und die Debatte darum erinnert leider stark an den Streit um schärfere Waffengesetze in den USA.
- 2013: Tempolimit auf Autobahnen - Liebe macht blind

Ebenfalls zur Lektüre empfohlen:

- 2007: Attacke auf einen deutschen Mythos
- 2013: Rasen im Treibhaus - Warum Deutschland ein Tempolimit braucht

Grüße, Egon

Auf der Bremse beim Tempolimit
Der Verkehrsminister glaubt zu wissen, was „die Leute“ wollen. Aber liest er keine Umfragen? Und schaut auch nicht auf Erfahrungen aus dem Ausland? Dann nämlich sollte langsam Bewegung in die festgefahrene Diskussion ums Tempolimit kommen.
www.rnd.de/politik/auf-der-bremse-beim-t...5JAS7WUNG4RYBPY.html

LG
Klaus

Vielleicht sollte er sich umbenennen von "Wissing" nach "Glaubing"...

Mich deucht, dass es seit so einigen Legislaturperioden soetwas wie "besondere Fähigkeiten" als Qualifikationsvoraussetzung für den Job des Häuptlings vom Verkehrsministerium braucht.

Die Hauptfähigkeit des Verkehrsministers ist seit Ministergenerationen darin beschrieben, sich für das einzusetzen, was durch Lobbyarbeit oder Parteivorsitzende vorgegeben wird, ohne die Sinnhaftigkeit auch nur ein bisschen zu hinterfragen.

Paradebeispiel ist hier immer noch die PKW-Maut, eine Vorgabe des Parteivorsitzenden Seehofer, wo von Grund auf feststand, dass sie auch im Falle einer Erlaubnis durch Brüssel, bei einer Nullbelastung der heimischen Autofahrer schlussendlich mehr Kosten verursachen würde, als man dadurch einnimmt. Und es fanden sich tatsächlich 2 vollkommen merkbefreite Minister, welche diese Quadratur des Kreises bereitwillig umsetzen wollten, mit dem allseits bekannten Endergebnis.

Im Prinzip muss man froh sein, dass das Ganze gekippt worden ist. Trotz Schadenersatzzahlungen kommt uns das jetzt billiger, als wenn man es hätte durchziehen dürfen.

Wie auch beim Tempolimit hat das nichts mit "Fähigkeiten" zu tun, sondern mit einem "dümmsten blinden Gehorsam".

Es wäre allerhöchste Zeit, dass einmal ein Verkehrsminister kommt, der eigene Fähigkeiten unter Beweis stellt, beim Verteidigungsministerium hat es nach ebenso vielen Blindgängern hintereinander jetzt doch auch geklappt.

eppf