Hallo priusplus1,
ich wollte dir gerade eine längere PM schicken, in der ich dich um argumentative Unterstützung in einer NOx-Debatte fragen wollte, allerdings hat das System hier meine PM blockiert ("CSRF Angriff erkannt" - warum auch immer). Ich habe mich daher dazu entschlossen, das dann doch hier offen zu posten (andere dürfen sich also auch angesprochen fühlen
):
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Wie andere bereits im Forum geschrieben haben, zunächst einmal ganz grundsätzlich ein herzliches DANKESCHÖN für deinen unermüdlichen Einsatz hier in Sachen NOx und Co.!!
Ich muss "gestehen", dass ich deine Argumente und deine zahlreichen Verweise auf Studien nicht nur in Bezug auf den eigenen Wissenserwerb schätze, sondern sie auch an anderen Stellen (Foren, in Diskussionen mit Bekannten) gerne verwende.
Neulich bin ich allerdings argumentativ an meine Grenzen gestoßen und wollte dich fragen, wie du die folgenden Entgegnungen bewerten würdest:
Prinzipiell ging es darum, dass Feinstaub ja bewiesenermaßen schlimm sei, die Faktenlage bei NOx hingegen gar nicht so eindeutig sei.
Z.B. zum Thema "NOx als Vorläufersubstanz von Feinstaub", welches in dem heise-Artikel von vor ein paar Wochen angesprochen wird (
www.heise.de/newsticker/meldung/Diesel-D...erzogen-3966520.html): Du hattest hier ja damals u.a. diese Seite mit Annette Peters zitiert (die ich dann ebenfalls verwendet habe):
www.sciencemediacenter.de/alle-angebote/...n-zu-gesundheitlich/
1a) Formal ist es offenbar so, dass die Aussagen von Barbara Hoffmann stammen und nicht von Peters (dabei bin ich mir eigentlich irgendwie sicher, damals auf der verlinkten Seite tatsächlich Peters' Namen gelesen zu haben).
1b) Argument meiner Gegenseite: NOx an sich sei ohne Co-Reagenten kein Feinstaub und eben höchstens ein Vorläufer deselben.
Des Weiteren wurde mir Folgendes entgegnet:
2) Der Anteil des Verkehrs an der PM2.5-Erzeugung (ebenso PM10) sei innerhalb der EU nur zu 11% dem "Road Transport" zuzuschreiben. Dieser Anteil beinhalte schon 100% der sekundären Aerosole.
Herangezogene Veröffentlichung:
www.eea.europa.eu/publications/air-quali...017/at_download/file Figure 2.4.
In der gleichen Studie sehe man auch den Verlauf der Schadstoffemissionen aus dem Bereich "Road Transport". "Road Transport" sei der wahrscheinlich einzige Sektor, in dem eine große Zahl relevanter Emissionen in den letzten Jahren überproportional stark gefallen sei (Figure 2.2). (Dieser Rückgang träfe allerdings nicht auf Emissionen von Schwermetallen zu.)
In Städten sei der Anteil der sekundären Aerosole am Feinstaub bei etwa 20 bis 40%, abhängig von den Jahreszeiten. Ammoniumnitrat-Aerosole lägen anteilig im Sommer nahezu bei 0%, da stark temperaturabhängig.
Quelle:
www.umweltbundesamt.at/fileadmin/site/publikationen/REP0591.pdf
Der für die Entstehung der Ammoniumnitrat-Aerosole notwendige NH3-Anteil käme zudem zu über 90% aus der Landwirtschaft.
3) In Bezug auf PM10 in Städten hätte eine reine NOx-Reduktion das zweitniedrigste Minderungspotenzial. Quelle:
www.umweltbundesamt.de/sites/default/fil...s_m07_komplett_0.pdf (S. 14).
Dieses schwache Minderungspotenzial (durch reine NOx-Reduktion bei Autoabgasen) gelte "wohl analog" (so mein Gegenüber) für PM2.5.
4a) NOx als Luftschadstoff verstärke zwar Asthma, verursache dieses jedoch nicht. Es sei "relativ wahrscheinlich", dass 100 Mikrogramm/m³ nicht ursächlich krank machten (solange keine Vorerkrankungen vorlägen).
4b) Epidemiologische Studien werden kritisiert:
Bei
www.sciencedirect.com/science/article/pii/S1877584515300289 sehe man, wie man bestimmte Ergebnisse durch geschickt platzierte "Stellschrauben" sich nach eigenem Gusto herbeizaubern könne. Folgendes Zitat wird noch angebracht:
"However, the range of the effects estimated across the 42 models is large, being between a 2% decreased risk (0.980) to a 5.3 increased risk (1.053) associated with a 5 μgm−3 increase in NO2. This suggests that the results are highly sensitive to model choice, and that if we had presented results from a single model then we could have shown either a positive or a negative effect of NO2 on mortality risk."
5) Zu den vorzeitigen Todesfällen:
Diese seien auf Basis epidemiologischer Studien hochgerechnet und bestünden erst mal nur auf dem Papier. Danach folgt ein Verweis darauf, dass die NOx-Konzentrationen in deutschen Städten seit Jahren sänken und dass der Anteil des Verkehrs überproportional stark zurückginge.
6) Am Ende erfolgt ein Verweis auf die NOx-Grenzwerte aus den USA von 100 Mikrogramm/m³ Jahresdurchschnitt, die erst kürzlich wieder nach aktueller Studienlage bestätigt worden seien (
www.epa.gov/no2-pollution/primary-nation...aqs-nitrogen-dioxide). Dazu hattest du hier auch mal was geschrieben, allerdings kann ich nicht genau nachvollziehen, wie man zeigen kann, dass eine maximale Ausreizung der Einhaltung des Jahresdurchschnitts eine Überschreitung des Stundengrenzwertes zur Folge hätte.
Sorry, dass ich mit dem ganzen Zeug so direkt auftische, aber manchmal fehlt mir dann wirklich noch ein wenig Substanz, um bestimmte Argumente zu entkräften.
Manche Argumente der Gegenseite erscheinen mir einfach nicht plausibel (Kann man z.B. wirklich von dem Minderungspotenzial bei PM10 analog auf das von PM2.5 schließen? Oder: Verstärkt NOx tatsächlich "nur" Vorerkrankungen und löst selbst bei Langzeitbelastungen keine aus?), allerdings stecke ich dann doch nicht tief genug in der Materie drin, um direkt und souverän zu kontern.
Herzlichen Dank fürs Durchlesen und deine/eure Unterstützung!