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Der Untersuchungsausschuss des Bundestages schreibt zu den Gesundheitsgefahren von NOx Folgendes:

„Epidemiologisch ist ein Zusammenhang zwischen Todesfällen und bestimmten NO2-Expositionen im Sinne einer adäquaten Kausalität nicht erwiesen.“

Dieser Satz ist natürlich eine Nebelkerze. Die Missachtung der wissenschaftlichen Faktenlage drängt hier den Verdacht auf, dass der Ergebniswunsch des Untersuchungsausschusses einer objektiven Befassung im Wege stand.

Epidemiologische Studien können nämlich prinzipiell keine Aussage zur Kausalität liefern. Die Formulierung wäre erst dann korrekt, wenn sie ergänzt würde durch "… zwar nicht erwiesen, weil dies methodisch nicht möglich ist, aber als sehr naheliegend zu beurteilen.“

Nun heißt es Nachsitzen für die Ausschussmitglieder: Vertreter relevanter wissenschaftlicher Organisationen haben die Faktenlage zusammengefasst und festgestellt, dass das Ergebnis des U-Ausschusses "at odds with the current scientific literature" sei:

Die WHO sehe ausreichend Belege für eine Kausalität. Zudem gehe sie von einer linearen Konzentrations-Wirkungs-Beziehung aus und beschreibe negative gesundheitliche Wirkungen von Stickstoffdioxid bereits bei Konzentrationen von 20μg/m3.

Health professional societies send joint statement on diesel NOx emissions to members of German Parl

38000 Todesfälle durch Dieselabgas Betrug:

Rund 38.000 Todesfälle wären Forschern zufolge vermeidbar gewesen, hätten Autobauer Abgasgrenzwerte für Dieselmotoren eingehalten. Besonders gefährdet seien EU-Bürger.
Zeit: So tödlich könnte der Dieselskandal gewesen sein

Hier die original Publikation in der renommierten wissenschaftlichen Zeitschrift Nature.

Impacts and mitigation of excess diesel-related NO x emissions in 11 major vehicle markets

Die Wissenschaftler Susan Anenberg et al. basieren ihre Abschätzung der vorzeitigen Todesfälle auf durch NOx verursachten Feinstaub und Ozon. Der gesundheitliche Schaden durch direkte NOx Einwirkung wurde gar nicht einberechnet. D.h., die Zahl der vorzeitigen Todesfälle könnte noch deutlich höher sein.

The researchers only estimated the early deaths attributable to NOx as a result of it forming tiny particles and ozone, a link that is well understood. It did not account for the direct harm of NOx on health, which is currently harder to estimate, meaning the true number of early deaths could be much higher.
Guardian: 38,000 people a year die early because of diesel emissions testing failures

Aufgrund des vermehrten Schadstoffausstoßes bei 2,6 Millionen VW-Fahrzeugen, die in Deutschland zwischen den Jahren 2008 und 2015 verkauft wurden, würden 1200 Menschen in Europa ein Jahrzehnt ihrer Lebenszeit verlieren.

VW excess emissions in Germany to be 1200 premature deaths in Europe, corresponding to 13 000 life-years lost and 1.9 billion EUR in costs associated with life-years lost.
Public health impacts of excess NOx emissions from Volkswagen diesel passenger vehicles in Germany

Was schreibt das Umweltbundesamt zu NOx?

Auf der Hauptseite zum Thema Luftschadstoffe bekommt man die dünne Auskunft:

In der Umwelt vorkommende Stickstoffdioxid-Konzentrationen sind vor allem für Asthmatiker ein Problem, da sich eine Bronchialkonstriktion (Bronchienverengung) einstellen kann, die zum Beispiel durch die Wirkungen von Allergenen verstärkt werden kann.
www.umweltbundesamt.de/themen/luft/lufts...offe/stickstoffoxide

Für weitergehende Information muss man auf den UBA Seiten länger suchen, wird dann aber doch fündig:

Stickstoffdioxid ist ein ätzendes Reizgas, es schädigt das Schleimhautgewebe im gesamten Atemtrakt und reizt die Augen. Durch die dabei auftretenden Entzündungsreaktionen verstärkt es die Reizwirkung anderer Luftschadstoffe zusätzlich. In der Folge können Atemnot, Husten, Bronchitis, Lungenödem, steigende Anfälligkeit für Atemwegsinfekte sowie Lungenfunktionsminderung auftreten. Nimmt die NO2-Belastung der Außenluft zu, leiden daher besonders Menschen mit vorgeschädigten Atemwegen und Allergien darunter. In epidemiologischen Studien konnte ein Zusammenhang zwischen der zeitnahen Belastung mit NO2 und der Zunahme der Herz-Kreislauf-Erkrankungen sowie der Sterblichkeit in der Bevölkerung beobachtet werden.
www.umweltbundesamt.de/daten/luftbelastu...belastung#textpart-5

Mehr als 1000 Kindergärten in Großbritannien liegen an Straßen mit NOx Grenzwertüberschreitungen über 40µg/m3.

Chris Griffiths der London School of Medicine beklagt die Gesundheitsfolgen für die Kleinkinder: Reduziertes Lungenwachstum, schlechter Gesundheitszustand und vorzeitige Todesfälle.

“The research on exposure to traffic fumes and children’s lung growth is pretty consistent. It shows that such exposure reduces lung growth, produces long term ill health and can cause premature death. We should be outraged that we are exposing our developing children to these obvious problems.”
https://www.theguardian.com/environment/2017/apr/04/thousands-of-british-children-exposed-to-illegal

Was ist der Stand der derzeitigen wissenschaftlichen Bewertungen der NOx Gesundheitsgefahren im Vergleich EPA (USA) und Umweltbundesamt (D)?

Die EPA hat 1/16 einen 1148seitigen Bericht und Zusammenschau des Wissens über NOx veröffentlicht. Die Zusammenfassung, die ich jetzt nicht übersetzen möchte, ist die folgende:

The cumulative body of evidence indicates that short-term exposure to NO2 can cause respiratory effects, in particular, effects related to asthma exacerbation. Recent results also strengthen the evidence that the respiratory effects of short-term NO2 exposure are independent of the effects of many other traffic-related pollutants. There is now stronger evidence for a relationship between long-term exposure to NO2 and respiratory effects, particularly the development of asthma in children. Results suggest that short-term exposure to NO2 may be associated with cardiovascular effects and premature mortality and that long-term exposure may be associated with cardiovascular effects, diabetes, poorer birth outcomes, premature mortality, and cancer; however, it is uncertain whether NO2 exposure has an effect on these health outcomes that is independent from the effects of other traffic-related pollutants.
https://cfpub.epa.gov/ncea/isa/recordisplay.cfm?deid=310879

Von Seiten des UBAs existiert derzeit nichts Vergleichbares. Das UBA hat eine Studie finanziert, die die Krankheitslast durch NO2 in D quantifizieren soll. Die Studie wird von Wissenschaftlern am Helmholtz-Zentrum in München durchgeführt. "Wann der Abschlussbericht veröffentlicht wird, weiß das UBA." (Zitat Prof. Barbara Hoffmann)

Der Bayrische Rundfunk zeigt einen Kurzfilm über die Gesundheitsfolgen von NOx:

Schon in niedrigen Konzentrationen kann es Kopfschmerzen und Schwindel auslösen, je nach Belastung der Luft kommen hinzu: Atemnot, Bronchitis, Atemwegsinfekte, Asthma, Lungenfunktionsminderung, Bronchitis, Augenreizungen.
http://www.br.de/nachrichten/stickoxid-faq-gesundheit-100.html

Zur Bewertung der gesundheitlichen Bewertung von NOx durch den Untersuchungsausschuss des Bundestages schreibt die Düsseldorfer Internetzeitung.

Den Wissenschaftlerinnen zufolge ignoriert der Bericht eine ganze Reihe wichtiger, weltweiter Studien. Sie appellieren: Ausgehend von dem beschriebenen wissenschaftlichen Erkenntnisstand weisen wir auf die große Bedeutung einer Reduktion von NOx-Emissionen aus Dieselfahrzeugen in Deutschland und Europa hin. Hiervon ist eine positive Wirkung auf die gesundheitsrelevante Exposition mit Luftschadstoffen wie Feinstaub, Ozon und Stickstoffdioxid zu erwarten. Wir leiten aus diesem Wissen eine besondere Verantwortung der Politik und der Automobilindustrie bei der Minderung dieser verkehrsbedingten Emissionen zum Schutz der Gesamtbevölkerung ab.
https://www.report-d.de/Duesseldorf/Verkehr/Duesseldorfer-Uni-Wissenschaftlerinnen-kritisieren-Berli

@ priusplus, eins ist klar bei der Statistik, die Rentenkasse wird entlastet.

Die Autoren des Nature Papers "Impacts and mitigation of excess diesel NOx emissions" sprechen über das Paper, welches als ein Ergebnis 38.000 vorzeitige Todesfälle feststellte (Englisch)

Wäre das gerade gepostete 1:46h (Puuh!) dauernde Webinar für Dieselkäufer verpflichtend, hätte sich das Thema auch erledigt.

Bei der Betrachtung der Gesundsheitsfolgen durch NOx wäre es auch allerhöchste Zeit, verstärkt die Innenraumbelastung in PKWs zu thematisieren. Hier müssten viel mehr Messungen erfolgen und sollten sich die bisher wenigen Messungen bestätigen, dass also Konzentrationen von 150ug/m3 keinesfalls eine Ausnahme darstellen, dann müsste hier schleunigst das Alarm-Flag gesetzt werden!

Vielleicht würde der eine oder andere Autofahrer ein bisschen umdenken, wenn es an die eigene Gesundheit geht und nicht nur um die der Anwohner, deren Umgebung er verpestet.

eppf

Wenn ich das lese freue ich mich umso mehr um den riesigen Innenraum-Luftfilter den ich mir mit meinem MS FL geleistet habe .

Man könnte sich aufregen...

@alupo: Hat du mal nachgemessen?

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Kann man eigentlich auch auf saubere Luft im pkw klagen oder gilt der Wert nur für Städte?

Oder wenigstens der Berufskraftfahrer auf eine MAK ?

@eppf

Zu NOx habe ich nur folgende PKW Innenraum-Messung gefunden:

In der Stadt befanden sich im Schnitt 91 Mikrogramm Stickstoffdioxid (NO2) in einem Kubikmeter Atemluft, auf der Autobahn sogar 156 Mikrogramm. [...] Während der Fahrt hinter Kleinlastern wie Mercedes Sprinter oder Fiat Ducato explodierte der Wert auf bis zu 534 Mikrogramm.
http://www.spiegel.de/auto/aktuell/innenraumfilter-die-luftigen-versprechen-der-autohersteller-a-109

Bzgl. Feinstaub gibt es aber mehrere Studien, die die höchste Belastung im PKW fanden:

Im PKW ist man höheren Feinstaubmengen und Ruß ausgesetzt als auf dem Rad.

Thus, compared to other transport methods, travelling by car has been shown to involve exposure both to higher PM and BC as compared with cycling.
http://www.sciencedirect.com/science/art...ii/S004896971400713X

Im PKW ist man 2-4mal höheren Dosen Feinstaub und aromatischen Kohlenwasserstoffen ausgesetzt als auf dem Rad.

The concentrations of particles and BTEX in the cabin of the cars were 2–4 times greater than in the cyclists’ breathing zone
http://www.sciencedirect.com/science/art...ii/S0048969701007586

Ben Barratt verglich die Abgasbelastungen PKW vs. Bus vs. Rad mit dem Ergebnis, dass im PKW mit Abstand die höchsten Belastungen gemessen wurden.

Ben Barratt, from King’s College London, measured the exposure of people travelling by car, bus, bicycle and walking in London in 2014. “The car driver, by a very long way, was exposed to the highest level of pollution,” he said.
cdn.theguardian.tv/mainwebsite/2014/08/2...onPollution-16x9.mp4

https://www.theguardian.com/environment/2017/jun/12/children-risk-air-pollution-cars-former-uk-chief