Priusfreunde.de

Ich bin selber in der Automobilproduktion tätig, früher direkt am Fahrzeug, heute in der Komponentenfertigung.

Als Werker kannst du tatsächlich kaum was verkehrt machen - wenn die Rahmenbedingungen stimmen. Bekommst du minderwertige Bauteile (zB schlechte Passform) oder entdeckst einen Prozessfehler (zB Bauteil wird bei Montage beschädigt), bist du darauf angewiesen, daß du einen Ansprechpartner hast, der sich darum kümmert und den Mangel abstellt bzw abstellen lässt. Mehr Möglichkeiten bleiben dir nicht.

Idealfall: du kannst das Band stoppen, es kommen alle zuständigen Personen an, begutachten das Problem und du hast binnen kürzester Zeit neues, einwandfreies Material am Band oder der Prozess wird verbessert. Dein Vorgesetzter bedankt sich und gehst zufrieden in den Feierabend.

Worst Case: du sprichst das Problem immer wieder an, erntest aber nur ein Schulterzucken und/oder es passiert ewig lange nichts. Und weil dir immer wieder derselbe Clip bei der Montage abbricht, interessiert es auch dich bald nicht mehr. Augen zu und durch.

Was mir an den Tsutsumi-Videos auffällt, bei allem Stress: die Arbeitsgänge sind quasi idiotensicher. Alles flutscht und passt auf Anhieb. Kein Gedrücke, kein Gezerre, klackklacklackfertig.

Standard - nicht nur bei Toyota - ist heutzutage beispielsweise, daß elektronische Schrauber verwendet werden, die eine Verschraubung erst freigeben, wenn diese i.O. durchgeführt wurde.
Früher hat man die Schraube angezogen und dann manuell auf Drehmoment abgeknackt, was aber je nach Werker große Toleranzen mit sich brachte.
Heute sagt der Schrauber selber, ob er den korrekten Wert erreicht hat - wurden Drehmoment/-winkel nicht erreicht oder die Schraube gar ganz vergessen, gibt es eine Fehlermeldung und der weitere Arbeitsprozess wird blockiert.

Wichtig ist einfach, Standards zu etablieren: jeder muss wissen, wann er was wie zu tun hat. Nicht als Zufall, sondern als feste Vorgabe. Das gilt nicht nur für den Werker "da unten", sondern auch für die Logistik, die Zulieferer, für alle, die Einfluss auf die Produktion haben.

So long, Timo

Ein Problem ist z.b. auch, das die Arbeiter in den USA oder wo sonst auch immer, teils ungelernt ans Band gestellt werden, muss jetzt nicht unbedingt eine Automarke sein, aber gibt große Weltweite Firmen die das scheinbar so machen (will keine Namen nennen).

Die arbeiten da im Sommer als Aushilfe, aber auch richtig am Band. Denen wird nichts gesagt, nur grob gezeigt und "Mach mal.".

Ja dann kann der Arbeiter ja auch nix für.

Es muss nicht direkt schlecht sein, nur weil es ein "Ami" (ich mag diese Bezeichnung eigentlich nicht) gebaut hat.

Toyota hat auch in den USA seine Qualitätsstandards oder meint ihr die seien da "niedriger"? Gewiss nicht...

Mein Corolla wurde auch in der Türkei gebaut und er läuft seit 12 Jahren / 160.000 km einwandfrei, keine Probleme.

Es ist alles ne Frage wie man die Leute ausbildet am Band und welche Standards man hat.

XW5 schrieb:
Die Amis haben wesentlich geringere Qualitätsansprüche als wir. Wenn du Qualität z.B. anhand der Spaltmaßgröße definierst, magst du Recht haben, wenn es aber um die Zuverlässigkeit bezüglich eines Liegenbleibens geht, sind die Amis vermutlich noch kritischer als wir hier in Europa.

Aber ich sag's mal so. Warum soll es Toyota nicht schaffen, auch in den USA qualitativ hochwertig zu bauen, wenn man es (nach einigen Anlaufschwierigkeiten) selbst in England geschafft hat?

eppf

eppf schrieb:Wenn du Qualität z.B. anhand der Spaltmaßgröße definierst, magst du Recht haben, wenn es aber um die Zuverlässigkeit bezüglich eines Liegenbleibens geht, sind die Amis vermutlich noch kritischer als wir hier in Europa.

Aber ich sag's mal so. Warum soll es Toyota nicht schaffen, auch in den USA qualitativ hochwertig zu bauen, wenn man es (nach einigen Anlaufschwierigkeiten) selbst in England geschafft hat?

eppf


Ja, kann sein. Kann im Prinzip alles sein. Es gibt schlechte Autos die in Deutschland hergestellt werden und super-zuverlässige Autos die aus der Türkei kommen.

Aber ich spreche von Tendenzen und (zugegebenermaßen) über meine persönliche Ansicht.

Nach 25 Jahren intensiver Auto-Erfahrung kann ich feststellen, dass Amerikanische Autos eher nicht qualitativ überdurchschnittlich sind. Zuverlässig mögen sie sein, da hatte ich auch kaum Probleme mit den Amis die ich hatte, aber wenn man genauer hinschaut und hinhört, dann gibt es da aber massive Unterschiede. Schlage mal die Tür von einem 1980er Mercedes zu und die von einem 1980 Cadillac. Der eine hört sich an wie ein sattes Plopp, der andere als würde man einen alten Kotflügel auf einen Blechhaufen werfen. (Ich sage jetzt nicht wer sich wie anhört, dass überlasse ich Eurer Fantasie).

Wenn einem sowas nicht wichtig ist, dann kauft wo ihr wollt. Ist doch in Ordnung. Jeder wie er will.
Und das es auch Top Autos aus den USA gibt, das stimmt. Siehe Mercedes GLE (der wirklich ein Traum ist). Aber im Allgemeinen schauen die Amis bei Qualität eben nicht so genau hin. Das ist meine Erfahrung.

Und daher bin ich sehr sehr froh, dass der Prius (noch) aus Japan kommt.



(Kleiner Nachtrag: Kann sich hier noch an den Skandal in der Herstellung der Playstation 4 Spielkonsole erinnern? Da haben ein paar Studenten in der Fabrik gearbeitet und die waren unzufrieden mit den Arbeitsbedingungen und die haben absichtlich in Tausende PS4 Fehler eingebaut. Klar, dann man jetzt wieder sagen, das kann beim Auto nicht passieren. Andererseits glaube ich nicht, dass Sony in seinem Fabriken keine Qualitätssicherungsmaßnahmen haben. Und die fertigen PS4 wurden mit Sicherheit auch getestet. Dennoch haben Tausende PS4 defekt das Werk verlassen. Soviel dazu, dass die Herstellung Idiotensicher ist.)

Man sollte nur Autos gleicher Preisklasse miteinander vergleichen.

eppf schrieb:

Aber ich sag's mal so. Warum soll es Toyota nicht schaffen, auch in den USA qualitativ hochwertig zu bauen, wenn man es (nach einigen Anlaufschwierigkeiten) selbst in England geschafft hat?

Ich hatte bisher verstanden, dass die Hybrid-Komponenten immer noch aus Japan kommen. Oder werden die E-Motoren, Inverter, etc. auch in UK hergestellt?

Die bauen nur das Chassis um die Hybrid-Komponenten herum in UK (Auris) und F (Yaris).

Um nicht endgültig abzudriften: es geht nicht um Cadillac 1980 vs S-Klasse 1980, sondern um Toyota Japan 2017 vs Toyota USA 2017.

Was Sabotageversuche betrifft: wer so etwas tut, handelt regelrecht kriminell. Mir ist selber ein Fall bekannt, in dem ein Mitarbeiter mutwillig Fahrzeuge beschädigt hat - der durfte sich dann seine Kündigung abholen.
Um bei den Schraubern zu bleiben: gegen jemanden, der i.O.-Verschraubungen anschliessend absichtlich wieder löst, hilft natürlich auch kein "idiotensicheres" System. Gehen wir einfach mal davon aus, daß 99,999% der Mitarbeiter soetwas niemals tun würden.

Ich sprach auch nicht von Sabotageakten, sondern vom Fehlerpotenzial, daß zwangsläufig von menschlichen Mitarbeitern ausgeht. Jeder ist mal müde, unkonzentriert oder schlecht drauf, egal ob er aus Japan, Deutschland, den USA oder sonstwoher kommt. Dann trotzdem die Fehlerquote zu minimieren oder gar eliminieren, ist die Aufgabe des Produktionssystems.

Timo

Ja, ich glaube hier wurde alles gesagt.

Ich bin anderer Meinung, aber das wurde nun sicherlich anhand meiner Ausführungen klar.

Darf ich mal eine Frage in die Runde werfen?

Nur mal angenommen, ihr würdet demnächst einen P4 bestellen wollen und der Händler sagt Euch, dass man sich seit Neuestem nun aussuchen kann aus welcher Fabrik der P4 kommen soll. Und es gäbe Fabriken in Japan und in den USA. Nur mal angenommen. Es sind optisch exakt die gleichen P4 zu dem exakt gleichen Preis und mit der gleichen Lieferzeit.

Was würdet Ihr bestellen? Den japanischen oder den amerikanischen P4?

Aus Japan.

Die Amerikaner sind mir derzeit, vielleicht auch immer und überhaupt, zu sehr damit beschäftigt, sich neu zu sortieren und zu organisieren in Allem....

Ich stehe auf japanische Ingenieurskunst und die bitteschön in Japan in die Tat umgesetzt.

Wisedrum

Ich hatte mal einen 2001er Avensis aus GB. Das absolut schlechteste Auto in meiner Fahrzeugkarriere. Selbst die alten Fiats aus den 90ern waren besser verarbeitet und haben länger gehalten. Der Avensis hat keine 200Tkm gehalten, dann entschied er sich mit Shortblockproblem (2LÖl/1Tkm), jaulendem Getriebe, defektem Heckwischer/Lenkstockschalter, defekter Luftverstellung im Innenraum, verfaulter Abgasanlage und reichlich Karosserierost den Weg zum Verwerter anzutreten. Nichtmal die Afrikaexporteure wollten die Möhre noch haben.
Das war geradezu ein Schock nach dem Carina2, der mit 500Tkm noch topfit war.
Ein echter Brite, ich hätte auch Rover fahren können. Mir kommen derzeit nur noch echte Japaner auf den Hof.

Mir auch.