Boierche schrieb:
Man kann das aber natürlich nie pauschalisieren. Es gibt lahme Schweizer, Holländer, Deutsche, usw...
Das ist einerseits richtig, andererseits aber auch falsch.
Richtig ist, daß natürlich nicht immer alles auf JEDEN Fahrer eines bestimmten Landes zutrifft, aber es gibt gewisse Vorfälle die sich bei Fahrern eines bestimmten Landes stark häufen, insofern kann man dann schon verkürzend von "den Niederländern", "den Deutschen" oder "den Belgiern" sprechern.
Sonst müsste man immer umständlich schreiben, "bei Autofahrern aus ... passiert es besonders häufig, daß ..."
Was z.B. auch besonders häufig in den Niederlanden vorkommt, ist, daß an Kreuzungen oder im Kreisverkehr die Fahrer nicht blinken, so daß man doof wartet, bis derjenige vorbei ist (weil er Vorfahrt hat), nur um festzustellen, daß er vor einem (ohne zu blinken) einbiegt und man also schon längst hätte losfahren können, wenn er nur geblinkt hätte. So kommt man dann ewig nicht vom Fleck, und der Verkehr staut sich hinter einem.
Das meinte ich oben mit "Mitdenken - Fehlanzeige".
Darauf, daß unterlassenes Blinken Verkehrsstaus verursachen kann, kämen die nie im Traum!
Und ich habe den Verdacht daß selbst wenn sie es wüssten, würde es sie nicht interessieren. Niederländer sind eigentlich ziemlich egoistisch, finde ich. Und sozialneidisch. Wehe es bekommt jemand eine Extrawurst! Daher gibt es auch in den Wohnzimmern keine Gardinen. Denn man muß ja kontrollieren können daß nur ja niemand aus der Reihe tanzt und eine Extrawurst bekommt! Denn wer Gardinen hat, hat diese ja nur, weil er etwas zu verbergen hat.
Das hat m.E. noch mit dem Calvinismus zu tun: Laut Calvin sind alle Menschen bereits von Geburt an entweder gerettet oder verdammt. Die "Geretteten" erkennt man daran, daß es ihnen wohl geht (hauptsächlich ökonomisch).
Darum versucht jeder, voranzukommen und über die Übrigen hinauszukommen, "ich zuerst!", und gönnt niemand seinem Nachbarn, besser gestellt zu sein.
Deswegen gibt es auch in den Niederlanden keine privaten Krankenversicherungen und keine Arztpraxen oder niedergelassene Labors. Es gibt Hausärzte und Krankenhäuser, basta! Und Assistenten. Die entscheiden, ob es wichtig genug ist, daß man den Hausarzt stören darf. Der schickt einen meist wieder nachhause mit dem Spruch "Nehmen Sie doch ein Paracetamol". Denn am besten ist es immer, man lässt einfach der Natur ihren Lauf. Denn gesund wird man von selbst, nicht von Medikamenten.
Darum werden auch in den Niederlanden Hausgeburten als Normalfall angesehen. Ins Krankenhaus geht man doch nur, wenn man krank ist, und Schwangerschaft ist doch keine Krankheit!
Komplikationen? Was für Komplikationen?!?
Dabei haben die Niederlande die höchste Säuglingssterblichkeit der westlichen sogenannten "zivilisierten" Welt.
Und der Hausarzt entscheidet, ob es schlimm genug ist, daß man zu einem Spezialisten gehen darf. Der einem dann z.B. sagt, MRT-Kontrolluntersuchungen nach einem Hirntumor? Das machen wir in den Niederlanden nicht, nur direkt vor einer Hirn-OP!
Und wenn jemand Nierenkoliken hat, kommt nicht etwa der Krankenwagen, nein, derjenige darf sich mit öffentlichen Verkehrsmitteln aus eigener Kraft ins nächste Krankenhaus schleppen.
"Mitdenken/Rücksichtnahme Fehlanzeige" genauso an Ampeln: Wenn es denn endlich grün wird (und die grünen Ampelphasen sind in den Niederlanden besonders kurz!), trödeln die Fahrer herum, als ob nicht 20 Autos hinter ihnen wären die auch alle gerne über die Ampel kommen würden. Da aber vorne so getrödelt wird, schaffen es pro Phase ganze drei Autos. Mit zügigem Anfahren und Beschleunigen würden es vielleicht 6-8 Autos schaffen. Deswegen wird in den Niederlanden grundsätzlich fast immer auch noch bei "Dunkelgelb" über die Kreuzung gefahren. Ausländer sollten das wissen, weil es sie sonst böse überraschen könnte, wenn sie denken, daß "grün" auch "Kreuzung frei" bedeutet!
Ein weiteres Ärgernis ist die in den Niederlanden mit großer Akribie eingerichtete "rote Welle". Das wurde ganz bewußt so gemacht um die Autofahrer zu schikanieren, um sie dazu zu bringen mit öffentlichen Transportmitteln zu reisen.
Was damit zu tun hat daß die Niederlande das am dichtesten bevölkerte Land Europas sind und die Straßen dem Kollaps so nahe sind, daß jeden Werktag zur Stoßzeit die gesamten Niederlande zu einem einzigen Verkehrsstau werden.
Also so ganz ohne Berechtigung ist das nicht, und man muß auch sagen daß das Schienennetz noch besser ausgebaut ist und Züge viel häufiger verkehren als z.B. in Deutschland.
Das Problem ist jedoch eine relativ hohe Unzuverlässigkeit (aber da ist die Deutsche Bahn inzwischen ja auch Meister drin), und bei ungünstigen Witterungsverhältnissen wird der Betrieb eingestellt (also gerade dann, wenn man die öffentlichen Verkehrsmittel am dringendsten brauchen würde!). So neulich beim Sturm Xavier; im ganzen Norden der Niederlande wurde der Zugbetrieb komplett eingestellt.
Und beim geringsten bisschen Schnee herrscht hier sofort Chaos, weil darauf ist man hier nicht eingestellt (auch wenn es jedes Jahr eine Woche Schnee gibt).
Letzten Winter (15. Januar 2013) war hier komplettes Chaos wegen 6-8 cm Schnee, Züge gingen nicht, Straßen waren dicht, der Flugbetrieb wurde eingestellt, dagegen im benachbarten Belgien (mit demselben Wetter!): alles normal! Einige wenige Verspätungen von Zügen, und von öffentlichen Verkehrsmitteln in Brüssel zur Stoßzeit (als ob das nicht auch ohne Schnee IMMER so wäre)!
Was wahrscheinlich damit zu tun hat daß hier so gut wie niemand Winterreifen hat (und fährt). Und damit, daß niederländische Fahrer mit glatten Fahrbahnen nicht umgehen können (siehe z.B. auch in den Alpen im Winter).
Womit wir wieder beim Ausgangspunkt wären.