Nach den ersten 5.000 Kilometern bin ich doch ziemlich zufrieden. Der Tesla fährt wirklich schön und macht auch nach der Gewöhnungsphase jeden Tag Spaß, das kann ich nicht anders sagen. Ich ertappte mich tatsächlich mehrfach, statt dem ÖPNV lieber den Tesla genommen zu haben, einfach weil es gute Laune macht, damit zu fahren. Das ist für mich ungewöhnlich, denn ich fahre schon seit langer Zeit so oft es nur geht ÖPNV, weil ich bei der hiesigen Verkehrslage lieber gefahren werde als das selbst tun zu müssen.
Der Radartempomat und der Autopilot funktionieren noch besser als erwartet. Ich verwende den AP überwiegend auf Schnellstraßen/Autobahnen und innerorts höchstens mal ausnahmsweise, um mir das Leben im Stau zu erleichtern. Ich mag den üppigen - und trotzdem ständig mindestens halbvollen - Kofferraum. Seine Abdeckung habe ich dauerhaft herausgenommen, weil sie mir ständig im Weg war.
Das riesige getönte Glasdach sorgt für eine luftige Innenraum-Atmosphäre. Bei mir ist es meistens geöffnet oder gekippt, obwohl es dann Windgeräusche gibt. Bei geschlossenem Dach herrscht hingegen völlige Ruhe, nur das Leder quietscht leise und unter Last hört man das Summen des Antriebs. Von außen sind die Abrollgeräusche der vier
Walzen Räder aber gut wahrnehmbar, nur bei Fußgängergeschwindigkeit hört man nichts.
Erstaunlich ist die Wendigkeit. Das ist ein Begriff, der zu einem überbreiten 5-Meter-Schiff nicht so recht zu passen scheint. Tatsächlich ist das schwere Auto aber verblüffend leichtfüßig und lässt sich fast spielerisch durch den Verkehr zirkeln. Eine E-Klasse, ein A6 oder auch andere Autos der oberen Mittelklasse wirken deutlich schwerfälliger, ohne dass ich das ausschließlich am naturgemäß agileren Elektroantrieb festmachen kann. Es ist wohl das Gesamtkonzept aus Karosserie, Antrieb, Fahrwerk, Wendekreis etc., das Tesla ziemlich gut hinbekommen hat.
In engen Parkhäusern hilft das freilich wenig. Das Auto ist groß und breit und entsprechend sind Rumrudern und Angst vor verschrammten Felgen angesagt. Die zahlreichen Warngongs und optischen Anzeigen, wenn es um das Auto herum eng wird, helfen nur bedingt. Es gongt und blinkt dann halt ständig irgendwas. Über die zahlreichen Helferlein an Bord möchte ich mich aber nicht ernsthaft beschweren, das funktioniert alles soweit prima und selbst die Tempolimit-Erkennung hat BMW-Niveau (das ist ein großes Lob).
Die ausfahrbaren Türgriffe halte ich immer noch für eine vermeidbare Spielerei mit hohem Defekt-Potenzial. Durch eine Fehlbedienung, an der ausdrücklich
nicht das Auto schuld war, habe ich Frau Egon vorgestern die Finger eingeklemmt. Die Türgriffe haben natürlich nicht viel Kraft, daher passiert nichts Ernsthaftes - aber angenehm ist es nicht und sie war ziemlich sauer. Mea culpa, das kostet mich ein Abendessen, mindestens.
Viel zu erzählen gibt es über das Laden abseits der Supercharger. Wenn man die Augen offen hält und nicht unter Zeitdruck steht, finden sich im Alltag verblüffend oft günstige Gelegenheiten, um unterwegs mal eben ein paar Kilowattstunden (meist kostenfrei) nachzuladen. Ich glaube aber, dass ich gerade eine besonders angenehme Zwischenphase erlebe: Viele Ladesäulen befinden sich noch im kostenlosen Testbetrieb und sind zudem wenig belegt, einfach weil wenig Elektroautos unterwegs sind.
Beides wird sich allmählich ändern. Bis dahin habe ich es aber hoffentlich geschafft, an meinem Hauptwohnsitz ein ausreichend dimensioniertes Kabel in die Garage zu legen oder wenigstens eine CEE-Dose im Vorgarten zu installieren. Ich bin dort seit Jahren am Dauer-Renovieren, das ist eigentlich eine gute Voraussetzung dafür.
Gestern beim Einkaufen eine Chademo-Lademöglichkeit gesichtet, Typ 2 wäre auch gegangen. Ich hatte die nicht bewusst auf dem Schirm. Da ich ein paar Stunden vorher schon ein bisschen nachgeladen hatte, war sie auch gar nicht notwendig - aber Gelegenheit macht Stromdiebe.
Die Ladesäule war recht auskunftsfreudig. Eine nette Abwechslung zu den oft schweigsamen und displaylosen Ladesäulen, die mir sonst meist begegnen:
Als Gegenbeispiel zu der gigantischen Säule oben: Eine völlig unauffällige und besonders winzige Typ 2-Säule ohne Display beim Mitsubishi-Händler sowie die Anleitung auf ihrer Rückseite.
Zurück zu gestern. Die Ladesäule auf dem Supermarkt-Parkplatz lieferte nur 20 kW, auch bei Chademo, wo man oft 50 kW bekommen kann. Bei Gleichspannung (Supercharger, Chademo) hat man im Gegensatz zu Wechselspannung (Haushaltssteckdose, CEE-Steckdose, Typ 2) keine Möglichkeit, manuell den Ladestrom zu begrenzen. Mit steigender Akku-Spannung sinkt die Ladeleistung.
Der Tesla'sche Chademo-Adapter ist sehr wuchtig und schwer, ein auch nicht gerade dünnes 32 A Typ 2-Kabel (hier nicht im Bild) wirkt dagegen geradezu filigran.
An der Nachbarsäule hing gerade ein Citroën C-Zero, mit dessen sehr nettem Besitzer ein munterer Erfahrungsaustausch zustande kam. Er ist E-Mobilist der ersten Stunde, sein erster BEV war ein umgebauter Audi A2 mit Eisenphosphat-Akkus und externen Balancern. Sein Citroën hat nur 15 Kilowattstunden an Bord und je nach Jahreszeit zwischen 80 und 120 Kilometer realer Reichweite.
Da er trotzdem unverdrossen auch lange Strecken damit fährt, hat er sich eine eigene Ladestrategie mit Alternativen zurecht gelegt sowie immer einen Schlafsack und eine Schuko-Kabeltrommel mit 40 Metern an Bord. Wenn nämlich die angepeilte Chademo-Säule nicht verfügbar ist, bleibt ihm nur ein Typ 1-Anschluss, und weil sein AC-Bordlader nur einphasig verdaut, nutzt ihm auch sein Typ 2-Adapter wenig.
Ohne Chademo kommen nicht mehr als 2,5 kW Ladeleistung zusammen, hat er mir erzählt. Wenn es dumm läuft, kann es also mehrere Stunden dauern, bis er weiter fahren kann, und wenn er dabei den Innenraum beheizen muss, auch noch sehr viel länger. Das macht ihm aber gar nichts aus, er ist völlig entspannt und sieht das eher sportlich. Ich würde wahrscheinlich am Rad drehen, aber um für Elektromobilität zu werben: Ein C-Zero (alias Mitsubishi i-MiEV, alias Peugeot iON) ist ein über 8 Jahre alter Kleinstwagen für Kurzstrecken und wenn man ihn artfremd verwendet, dann ist das natürlich zwangsläufig kompromissbehaftet.
Ein später an der Nachbarsäule eintreffender BMW i3-Fahrer war weit weniger entspannt. Er hat uns erzählt, dass ihm das Auto von seinem Arbeitgeber aufs Auge gedrückt wurde und war sichtlich genervt, weil er an diesem Tag "schon zum dritten Mal" habe laden müssen. Auch an dieser Stelle denke ich, der Mann hat einfach das falsche Auto und wäre sehr wahrscheinlich mit einem Verbrenner besser bedient. Ich verstehe an dieser Stelle auch den Arbeitgeber nicht: Der meint es wahrscheinlich gut, aber Zwangsbeglückung ist der falsche Weg.
Ein nicht zum Fahrprofil passendes Antriebskonzept ist im Alltag einfach nur lästig. Das wird zu entschiedener Abwehr, aber nicht zu dessen Durchsetzung führen. Nach wie vor lasse ich daher nichts über den leistungsverzweigten Hybrid-Antrieb kommen. Der kann nämlich ein enorm breites Spektrum abdecken - auch Alltags-Anforderungen, die ein BEV nicht und ein konventioneller Antrieb nur unter Komforteinbussen oder mit niedriger Effizienz abdecken kann.
Weitere Berichte folgen von Zeit zu Zeit. Ich muss jetzt erstmal meinen inneren Schweinehund bearbeiten, um morgen früh um 6:20 Uhr im vorausgesagten Regen und Sturm zum Bahnhof zu laufen statt in den gemütlichen vorklimatisierten Tesla zu steigen. Wenn das Wetter tatsächlich so sein wird wie prognostiziert, wird die Bahn wohl wieder nichts an mir verdienen.
Grüße, Egon