Ich weiß, ihr denkt, ich sei ein E-Auto Gegner. Dem ist nicht so. Ich versuche nur jede Thematik und Überzeugung, auch meine eigene, kontinuierlich zu hinterfragen. Ich ergreife häufig Partei für Tesla, wenn in Gesprächsrunden mal wieder über Tesla hergezogen wird.
Hier sind wir nun aber in einem Umfeld, in dem sich viele Menschen tummeln, die der E-Mobilität sehr positiv gegenüber eingestellt sind und auch in solchen Diskussionen sollte man nicht versteifen und alle Faktoren betrachten.
Auch wenn ich nun schon häufig über meine Einstellung zur E-Mobilität geschrieben habe, ich versuche einmal mein ganz persönliches, möglichst komplettes, Statement abzugeben:
Zu mir:
Ich bin Technik-Freak, Star Trek Fan, immer neuen Technologien gegenüber offen eingestellt, am liebsten will ich alle als Erster ausprobieren. Ich arbeite in einer Branche in der auch Musk sein zweites Standbein hat, mittlerweile vielleicht sogar eher sein erstes Standbein. Ich bin also keiner von den ewig gestrigen, die sich pauschal erst mal gegen jede Neuerung verschließen und nicht bereit sind Einschnitte bei der Einführung einer neuen Technologie hinzunehmen. Im Gegenteil.
Als der Prius auf den Markt kam, war ich noch Student und obwohl ich auch immer eine Leidenschaft für PS-Starke Fahrzeuge hatte, war der Prius sofort mein Traumauto. Ich hab immer gesagt „Wenn ich im Lotto gewinne, dann will ich nichts anderes als einen Prius fahren“… Nach dem Studium konnte ich mir dann auch bald einen leisten.
Meine „Sucht“ nach neuen Technologien der Fortbewegung nahm dadurch aber nicht ab, im Gegenteil. Ich hielt die Augen auf nach dem, was noch so gehen könnte. Ich fuhr direkt jeden neuen Hybriden Probe, überzeugte meinen alten Herren zur Anschaffung eines RXh und war kurz vor Anschaffung des Leafs im Botschafterleasing (Damals 199 Euro monatlich inkl. allem, unschlagbar günstig). Dann kam auch Tesla nach Deutschland, war einer der ersten der Tesla Deutschland fahren konnte. Tesla mietete sich damals noch in Hotels ein um Probefahrten anzubieten, alles noch recht elitär.
Mit jeder Fahrt die ich machte wuchs meine Skepsis, schrumpfte meine Begeisterung. Nein, keine Skepsis ob die Technik haltbar ist, etwas Tieferliegendes.
Ziemlich schnell wurde mir klar, dass es nicht genügte für das Thema Umweltschutz lediglich die Einsparung des CO2 Ausstoßes zu berechnen. An der Kette hängt viel mehr als das, was man sich selbst zusammenrecherchieren kann. Umweltschutz war bei mir aber auch nie der primäre Faktor, auch beim Prius nicht. Mir war schon bewusst, dass der PKW Verkehr an der Klimaerwärmung einen schon fast zu vernachlässigbaren Teil ausmacht. Lediglich 10% des weltweiten CO2 Ausstoßes fällt auf die PKW und sogar nur 17% auf den gesamten Straßenverkehr.
de.statista.com/statistik/daten/studie/3...fossile-brennstoffe/
Maximal kann man durch das ersetzen eines Prius auf ein E-Auto 30 Tonnen Co2 einsparen und da ist der Mehraufwand der Produktion noch nicht eingerechnet. Wer so sehr an der Weltrettung hängt, sollte sein generelles Reise und Konsumverhalten überdenken. 30 Tonnen Co2 sind, innerhalb eines Autolebens, schnell eingespart wenn man nur ein bisschen bewusster lebt. 2 mal nicht mit dem Partner einen Interkontinentalflug gemacht und schwups kann man ein paar jährchen Supersportwagen fahren.
Der „Ich rette die Welt“ – Faktor war für mich, im Sinne von CO2 Einsparung, nahezu vernachlässigbar bzw. nicht ausreichen nachvollziehbar. Und, wie ich schon weiter oben erwähnt habe, wenn ich die Welt verändern möchte, dann würde ich lieber die Mehrsumme zu einem E-Wagen nehmen und sie effektiv nutzen. Mit wenigen 10.000 Euro kann man in dieser Welt schon viel bewegen. Anders sieht es natürlich bei dem Ausstoß von Giftstoffen und Lärm aus, aber hier sehe ich mit den derzeitigen Hybriden schon eine sehr gute Lösung gefunden.
Für mich blieb jetzt noch die Punkt „Technologieliebe“ und „Systemwechsel“.
Natürlich ist mir klar, dass wir vom Öl weg müssen. Auch wenn der größte Faktor die Industrie, Heizanlagen etc ausmacht. Theoretisch könnten wir wohl noch Jahrtausende mit unseren PKW durch die Gegend tuckern, wenn andere Sektoren auf die Verwendung von Öl verzichten würden. Wie dem auch sei, der Systemwechsel muss langfristig in allen Bereichen erfolgen. Ein System welches ein anderes ersetzen soll, sollte in allen Bereichen den gleichen oder besseren Nutzen/Komfort bieten wie das zu ersetzende System. Sonst macht es keinen Sinn und wird immer ein Akzeptanzproblem haben. Ein Batterie-PKW wird diese Anforderungen höchstwahrscheinlich nie erfüllen, die Batterietechnik ist auf absehbare Zeit relativ am Anschlag angekommen. Viele Forscher zweifeln mittlerweile, dass wir je die Technologie eines Lithium-Luft Akkus (der auch nicht alle Komforteinschränkungen aufhebt) je machbar wird.
Ein Systemwechsel würde bedeuten, alle PKW müssen in der Lage sein die neue Technologie zu nutzen. In Deutschland: 40 Mio PKW.
40 Mio PKW die geladen werden wollen. Supercharger Stationen die täglich tausende von Fahrzeugen laden müssen, ein Stromnetz welches Spitzen unvorstellbarer hoher Zahlen erreichen muss. Ladeplätze die auch in Ferienzeiten mehrere Hundert Autos in der Stunde durchführen können muss, ohne, dass der Fahrer lange warten muss.
Ich sehe hier Anforderungen an die Infrastruktur, die kaum zu bewältigen sind. Ja, es gibt tolle Ideen, von Induktion auf der Autobahn und Batterietausch an Servicestationen. Das sind aber Zukunftsvisionen die Jahrzehnte der Umplanung und Investitionen benötigen die kaum realisierbar sind. Es bleibt immer alles im Rahmen wenn nur einige wenige eine Technologie nutzen, wenn Supercharger exklusiv sind und nicht die Masse eine Technologie nutzt.
Jetzt kommt H2 ins Spiel und auf einmal beruhigt sich das Bild. Eine Systemumstellung auf Wasserstoff ist schon heute möglich mit verhältnismäßig wenig aufwand. Tankstellen werden umgerüstet, die Infrastruktur bleibt weitestgehend gleich. Es müssen kaum technische Hürden überwunden werden, welche "vielleicht irgendwann mal in der Zukunft“ möglich sind. Man muss lediglich für eine Co2 neutrale Herstellung sorgen und die Tankstellen umrüsten. Fertig!
H2 hat sogar noch einen tollen anderen Nebeneffekt, jeder kann theoretisch H2 fahren, H2 kann auch in alten Verbrennern eingesetzt werden was eine ganze Autokultur am Leben halten kann.
Einen kompletten Systemwechsel sehe ich beim E-Auto in absehbarer Zeit nicht. „Ja, aber es kann ja ein Teil der Bevölkerung…“ Ist nicht zielführend und führt nur zu dem Effekt, dass nichts richtig gemacht wird.
Das E-Auto ist ein Bremser des Systemwechsels, die volle Konzentration auf H2 wird für einen schnelleren Wechsel sorgen. Toyota fährt hier einen mutigen Weg, den ich als richtig erachte, die volle Konzentration auf die Technologie, die am ehesten allen Ansprüchen gerecht werden kann.
Nun möchte ich noch etwas zu mir als Fahrer sagen, denn wie gesagt, der Umweltaspekt ist bei mir nur nebensächlich.
E-Autos fahren sich toll, ich mag die Stille, ich mag den Durchzug.
Aber: Autofahren bedeutet für mich Freiheit. Ich will zu jederzeit hinfahren wohin ich will mit so wenig Stopps wie ich will. Ich will, wenn ich in Hamburg bin und meine Schwester mich nachts um 2 weinend aus München anruft, in mein Auto steigen und non-Stop durch die Nacht fahren. Ich will auf meine Kykladeninsel in mein Berghaus fahren, wo der Wagen am Straßenrand weit weg vom Haus steht. Ich will mir morgen mein Zelt schnappen können und irgendwo ins nirgendwo fahren können ohne zu planen!
Das E-Auto passt nicht zu mir, wie es zu vielen Menschen nicht passt.
Dazu kommt, dass ich vom E-Auto nicht überzeugt bin, was auch meinen Willen den eigenen Komfort einzuschränken reduziert.
Dennoch begeistert mich ein E-Auto, aus technologischer Sicht. Glauben tu ich an die Technologie nicht. Vielleicht liege ich falsch, für mich ist es aber eine Technologie die in die Sackgasse führt. Ich habe aber kein Problem damit falsch zu liegen, ich schaue gespannt in die Zukunft.
Grüße!