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Warum ich trotz Langstrecken-Fahrprofil seit mehreren Jahren keine Diesel mehr fahre? Warum ich der Meinung bin, dass es sich um einen Irrweg handelt, der als Antriebstechnologie in PKW nichts mehr zu suchen hat? Das lässt sich im Wesentlichen auf drei Punkte reduzieren:
1. Hochgezüchtete Diesel sind vergleichsweise anfällige Gebilde. Das Reparaturrisiko ist hoch und steigt mindestens im selben Maße weiter wie die Einspritzdrücke.
2. Nach derzeitigem Stand der Technik sind Diesel mit akzeptablem Aufwand nicht sauber zu bekommen. Das ist
das zentrale Argument gegen den Diesel in PKW.
3. Das Fahrgefühl leistungsverzweigter Hybride ist unübertroffen und kommt meinem Fahrprofil in hervorragender Weise entgegen. Ein Diesel kann hier einfach nicht mithalten.
Im folgenden ein paar Punkte und Details zum Nachdenken:
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Beeinflussung der öffentlichen Meinung
Seit Jahrzehnten ist eine unheilige Allianz aus Fahrzeugherstellern, Politik und Medien wider besseren Wissens dabei, uns per medialer Gehirnwäsche zu erklären, dass Dieselmotoren in PKW besonders umweltfreundlich seien. Maßgeblichen Anteil daran hat die Öffentlichkeitsarbeit der deutschen Automobilindustrie sowie die Lobbyarbeit deutscher und französischer Automobilhersteller.
Vor einigen Monaten ging beispielsweise das Thema "Krebsrisko von Dieselabgas" durch alle Medien. Nach 14 Tagen war es komplett verschwunden. Wie kommt das?
Nun, die bestens geölte Öffentlichkeitsarbeits-Maschinerie interessierter Kreise schafft es immer, dass unangenehme Themen sehr schnell wieder aus der öffentlichen Wahrnehmung verschwinden. Die jahrzehntelange Fokussierung der französischen und deutschen Hersteller auf den Diesel und das gleichzeitige Verpennen von Alternativen lässt eine andere Handlungsweise gar nicht zu.
Dieselben Organe sind auch an den vergleichsweise schwachen Abgasgrenzwerten beteiligt, die zudem mehrfach und immer wieder in die Zukunft geschoben wurden und werden. Eine gute Zusammenfassung der Vorgeschichte liefert hier ein Text des Heidelberger UPI-Instituts, der die Defizite aufzeigt:
Deutschlands Autoindustrie und die Umwelt: Das ist seit Jahrzehnten eine sich wiederholende Geschichte von Ignoranz, Täuschungen und Verdrängungen.
Anfang der achtziger Jahre, als in den USA der Katalysator bei Autos schon seit Jahren Stand der Technik war, versuchte die deutsche Autoindustrie mit Vehemenz, seine Einführung in Deutschland zu verhindern. Gelungen ist es ihr nicht, aber sie schaffte es zusammen mit willfährigen Politikern, die Entgiftung der für Mensch und Natur schädlichen Autoabgase um mehr als ein Jahrzehnt zu verzögern.
Ähnliches passierte bei der umweltfreundlichen Entsorgung von Altautos Mitte der Neunziger Jahre, als Autokanzler Gerhard Schröder seinen Umweltminister Jürgen Trittin in Brüssel zurückpfiff und Deutschland gegen die EU in Stellung brachte. Normalerweise wiederholt sich Geschichte ja nicht, aber was sich in den letzten Jahren beim Russfilter für Dieselautos abspielte, war eine fast identische Wiederholung der Geschichte des Katalysators.
Die Verzögerungen bei der Einführung des Standes der Technik bei Dieselfahrzeugen werden rund 20 000 Menschen in Deutschland langfristig das Leben kosten, die bei einer technisch möglichen, früheren Reduzierung der Feinstaubemissionen nicht zu Schaden gekommen wären. Die letzte Glanzleistung war das Verschlafen des modernen verbrauchsarmen Hybridantriebs, wo die deutsche Automobilindustrie das Feld kampflos japanischen Herstellern überließ.
Zur Zeit wird ein neues Kapitel geschrieben - der erbitterte Kampf der Autolobby gegen eine Reduzierung der klimaschädlichen CO2-Emissionen. Schon Mitte bis Ende der Neunziger Jahre wollte die damalige Bundesregierung auch im Verkehr eine Verringerung der hohen Emission klimaschädlicher Gase durchsetzen. Die Automobilindustrie war, wie immer, dagegen. Und sie fand in Bundeskanzler Gerhard Schröder einen Fürsprecher, der die Gesetzesvorhaben stoppte, weil die Automobilindustrie versprach, die CO2-Emissionen freiwillig zu reduzieren.
Europas Autohersteller verpflichteten sich 1998 um Auflagen zu verhindern, bis 2008 den Ausstoß des klimaschädlichen CO2 auf 140 Gramm und bis 2012 auf 120 g pro Auto und Kilometer im Durchschnitt zu begrenzen. Es stand zwar schon damals fest, dass dieses Ziel verfehlt werden wird, aber gesetzliche Auflagen waren erfolgreich abgewehrt worden. Die Automobilindustrie ließ ihrer Selbstverpflichtung so gut wie keine Taten folgen. Im Gegenteil: Die Hauptentwicklungsarbeit ging in immer schnellere und leistungsstärkere Fahrzeuge. Die durchschnittliche CO2-Emission ging kaum zurück, die Emission der Diesel-PKW stieg in den letzten Jahren sogar an.
Allein im letzten Jahr nahm die Zulassung von Stadtgeländewagen um 16,5% zu. Im Jahr 2006 lag die durchschnittliche CO2-Emission aller in Deutschland neu zugelassenen Benziner bei 171,8 g, die der Diesel-PKW bei 173,4 g CO2 pro km, der Durchschnitt aller zugelassenen Neuwagen bei 172,5 g CO2 pro km. Damit liegt die tatsächliche Emission der Neuzulassungen um 23,2% höher als der in der freiwilligen Selbstverpflichtung der Automobilindustrie für 2008 zugesagte Emissionswert.
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Abgasproblematik
Es macht grundsätzlich überhaupt keinen Sinn, Leistung schmutzig zu produzieren und sie dann hinterher mit hohem Aufwand wieder halbwegs "sauber" zu machen. Vor allem mit hohem Energieaufwand, was den Spareffekt durch den an sich recht guten Wirkungsgrad des Diesels konterkariert.
Selbstverständlich suggerieren alle Hersteller, die seit Jahrzehnten gezielt auf diese Technik setzen, mit großem Erfolg und medialer Unterstützung, moderne Diesel-Motoren seien besonders umweltfreundlich. Tatsächlich ist das Gegenteil der Fall.
Das Schadstoffpotenzial liegt dabei nicht im gerne thematisierten CO2, bei dem ein Diesel gar nicht so schlecht aussieht. Sondern in der Partikelmasse (PM) und in den Stickoxiden (NOx); bei Harnstoff-Einspritzung zusätzlich im ausfallenden Ammoniak (NH3). Zudem gelten geschlossene Rußfilter-Systeme als Produzenten von Feinststäuben.
Die notwendige Abgasaufbereitung, um daran etwas zu ändern, ist zwar technisch realisierbar, aber sehr aufwändig: Betankung und Zusetzung eines Harnsäure-Additivs plus doppelte katalytische Nachbereitung. Der dazu notwendige enorme technische Aufwand führt unvermeidbar zu höherem Verbrauch, höherem Fahrzeuggewicht und höherem Wartungsaufwand.
Also verzichten die PKW-Hersteller darauf, was großzügige gesetzliche Übergangsfristen in Europa (und nur dort) auch ohne Weiteres erlauben: Ein Euro 6-Diesel darf ein Drittel mehr Stickoxide als ein Euro 6-Benziner emittieren, plus 6 x 10
11 Partikel, also 600 Milliarden (!) Partikel je Kilometer. Nicht umsonst sind Diesel in PKW ein nahezu rein europäischer Irrweg.
Im Vergleich zu einem Elektro-Benzin-Hybrid schneiden alle Diesel geradezu katastrophal ab, was man auf dieser Grafik sehr schön sehe kanns. Die Werte des Prius sind zum Vergleich ganz links unten in der Ecke zu finden; ein Yaris HSD liegt noch weiter links:
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Zuverlässigkeit
Die Politik und die Autoindustrie haben den Dieselmotor zerstört. Das ganze System wird heutzutage als Drahtseilakt betrieben und ist entsprechend filigran. Der Diesel als zuverlässiges, ökonomisches Arbeitspferd, als das er einmal konzipiert war - das ist vorbei.
Für den Endkunden ist der komplexe Aufbau hochgezüchteter Diesel-Aggregate mit nicht kalkulierbaren Reparaturrisiken versehen: Der nicht selten fällige Ersatz einer Hochdruckpumpe sowie der Einspritzdüsen ist enorm teuer und unerfreulich oft notwendig. Dito die Lader, die immer anfälliger und als Ersatzteil teurer werden, weil man fast nur noch variable Schaufeln verbaut.
Durch die mittlerweile extrem hohen Einspritz-Drücke erhitzt sich der Treibstoff erheblich und verliert dabei einen Großteil seiner Schmierfähigkeit. Schlecht, denn eigentlich muss er nebenbei die Pumpe schmieren. Passiert dann mal etwas, sind in der Regel die Pumpe selbst und die Injektoren hinüber, wenn nicht sogar gleich das ganze Aggregat.
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Partikelfilter
Rußpartikelfilter gibt es beispielsweise in Dieselloks und großen Generatoren schon ewig, und stets sind die Sekundäremissionen beim Freibrennen das Problem. Bei großen Filtern ist das ein spektakuläres Schauspiel, bei dem wiederum die CO2-Belastung noch die mit Abstand harmloseste Komponente ist.
Partikelfilter müssen aber regelmäßig frei gebrannt werden, weil sie sich sonst zusetzen. Doch selbst, wenn sie noch nicht zugesetzt sind, erhöht ihr Vorhandensein im Abgasstrang den Verbrauch deutlich.
Fahrzeuge anzubieten, deren Abgasreinigungssysteme spezielle Fahrzyklen verlangen, um nicht zu verstopfen, sind selbst ohne Berücksichtigung der Umweltaspekte Kunden-Verarsche. Daran ändert auch die industriefreundliche Rechtsprechung nichts, die das als "Stand der Technik" definiert. Abgesehen davon benötigt jeder Freibrennvorgang soviel Energie, dass der faktisch recht gute Wirkungsgrad des Diesels konterkariert wird.
Der Freibrennvorgang selbst ist energieaufwändig, materialmordend und muss aufwändig elektronisch überwacht werden. Wird zu früh eingespritzt, kann sich die Temperatur bis auf 800 Grad (helle Rotglut) erhöhen. Wird zu spät eingespritzt, gelangt ein erheblicher Teil des zusätzlichen Diesels ins Motoröl, verdünnt es und setzt seine Schmierfähigkeit herab. Die harmloseste Folge ist ein verkürztes Motorölwechsel-Intervall.
Unterbricht der Fahrer mehrfach den Freibrennzyklus oder ist sein Fahrprofil ungeeignet, reagiert der Wagen mit einer Fehlermeldung und muss zum Freibrennen in die Werkstatt. Doch selbst, wenn der Fahrer alles richtig macht, sind Partikelfilter irgendwo zwischen 150 und 180.000 km fällig zum Komplettaustausch. Auch bei jedem Freibrennvorgang bleibt im Filter nämlich eine Restrußmenge zurück, die ihn allmählich unumkehrbar zusetzt.
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Stickoxide
Rückt man - was unvermeidbar ist - auch noch den Stickoxiden auf den Leib, wird es technisch äußerst aufwändig: Erhebliche Mengen Harnstoff-Additiv und doppelte katalytische Aufbereitung, um die Auswirkungen des Ammoniak-Schlupf zu unterbinden, das stinkt sonst wie die Hölle.
Mit dieser Technik ausgerüstete LKW fahren eine komplette kleine Chemiefabrik mit sich herum und brauchen enorme Mengen Harnstoff ("Adblue", 9 bis 12 Prozent des Gesamtverbrauchs).
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Abgasrückführung
Diese wird bei Dieseln eingesetzt, um im Zylinder durch Senkung der Abgastemperatur die Stickoxide auf das Niveau der Euro-Normen zu drücken. Wobei die Euro-Normen für Diesel schon äußerst großzügig sind: Diesel-Euro VI ist eben nicht gleich Benzin-Euro VI.
Der Motor erhält so im Teillastbereich ständig die verbrannten schmutzigen Abgase wieder zurückgeführt. Verdreckte AGR-Ventile sind unvermeidbar, mit den bekannten Folgen und der Notwendigkeit von Reinigung, letztlich aber Austausch.
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"Tschüss, Diesel" und Gefährlichkeit der Abgase
Zitat aus der Wirtschaftswoche vom 26.05.2012:
Technologie: Tschüss, Diesel! - Dieselautos gelten als robust, sparsam und zuverlässig. Das ist jedoch ein guter Ruf vergangener Tage. Tatsächlich werden sie immer empfindlicher, verbrauchen mehr Sprit und werden aufgrund neuer Vorschriften immer teurer. Daher neigt sich für immer mehr Fachleute die Erfolgsgeschichte der beliebten Selbstzünder dem Ende zu.
Im Bericht wird ein Toyota-Mitarbeiter mit der Aussage zitiert:
"Autos mit Dieseltechnik verursachen bei Toyota fünf Mal höhere Kosten in der Garantiezeit als vergleichbare Hybridautos." Außerdem werden im Wesentlichen sieben Gründe aufgeführt, warum dem Diesel als PKW-Antrieb keine strahlende Zukunft mehr bevorsteht (übernommen von OzBert):
1) Die Lebensdauer der neuen, hochgezüchteten Motoren sinkt.
2) Hohe Dieselpreise fressen den Kostenvorteil auf.
3) Der Verbrauch von Dieselmotoren im Stadtverkehr steigt.
4) Zusätzlicher Wartungsaufwand senkt die Rentabilität.
5) Neue Umweltvorschriften machen den Diesel unattraktiv.
6) Dieselsubventionen werden wahrscheinlich sinken.
7) Die Zahl attraktiver Dieselalternativen wächst.
Bevor jemand mit einem Diesel liebäugelt, sollte er sich zumindest in das Thema eingelesen haben. Den vollständigen Bericht der Wirtschaftswoche und anderer Medien zum Thema Diesel-Zukunft und Krebsrisiko findet man hier:
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www.wiwo.de/technologie/auto/autoderzuku...zu-ende/6668322.html
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www.sueddeutsche.de/auto/abgasnorm-euro-...rfte-werte-1.1079838
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www.zeit.de/auto/2012-06/diesel-zukunft
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www.tagesspiegel.de/wissen/krebsgefahr-w...abgasen/6746376.html
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www.spiegel.de/wissenschaft/medizin/dies...nommen-a-838511.html
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www.welt.de/gesundheit/article106567737/...gend-wie-Asbest.html
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www.nzz.ch/aktuell/panorama/dieselabgas-...serregend-1.17232641
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orf.at/stories/2125356/2125352/
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www.zdf.de/ZDFmediathek/beitrag/video/16...g-vor-Diesel-Abgasen
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Das sind so die wesentlichen Punkte, die mich als langjährigen Diesel- und Langstrecken-Fahrer bewogen haben, diese Antriebstechnik nicht mehr einzusetzen. Das wird natürlich nicht jeder so sehen, aber für mich persönlich war und ist die Entscheidung klar und nachvollziehbar.
Es gibt übrigens auch eine Organisation von Hardcore-Diesel-Gegnern, aber bei Leuten mit einer fast religiösen Mission bin ich vorsichtig. Falls jemand trotzdem vorbei schauen möchte:
http://www.kein-diesel.at
http://www.kein-diesel.at/seite14.htm
Dass auch bei Benzinern keine Veilchen aus dem Auspuff strömen, dass die Partikel-Problematik bei Benzin-Direkteinspritzern ebenfalls existiert und dass wir langfristig von fossiler Energie so oder so Abstand gewinnen müssen, ist auch klar. Aber das sind drei andere Themen.
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Zusammenfassend: Diesel-PKW haben langfristig keine Zukunft. Sie werden in der EU gezielt protegiert, um die europäischen, vor allem aber die deutschen und französischen Hersteller noch möglichst lange vor notwendigen echten Konsequenzen zu schützen, die aufgrund der jahrzehntelange Fokussierung auf den Diesel zu teuer sind.
Auf schnelle Änderung braucht aber niemand zu hoffen, denn das wird vermutlich noch relativ lange so weiter funktionieren. Über kurz oder lang wird man diesen Weg verlassen müssen, aber bis dahin wird noch viel Öl verbrannt werden.
Grüße, Egon